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Freitags kommt Frau P. – Lasst den Moment passieren

Phillip Nu00fcrnberger
Hier gibt’s jede Woche Highlife in Tüten.

Wer ist Frau P.? Die Berliner Autorin treibt es gern bunt, bekennt immer Farbe und wird (was sie selbst ärgert) immer noch rot. Sie ist laut, ihr Rostkehlchen-Lachen (lieblich ist anders…) unüberhörbar. Sie hasst Langeweile, Ja-Sager und Männer ohne Eier. Dafür liebt sie Rührei mit Speck.
In einer Stadt, in der alles geht, geht auch nie das Licht aus. Und diesen Abend waren scheinbar so einige Menschen in Berlin angeknipst. Vom Leben. Und wenn man selbst angezündet, also sprichwörtlich on fire ist, scheint man andere auf irgendeine geheimnisvolle Art anzustecken. Der kleine Italiener goss uns großzügig nach und genoss es, von seiner Heimat Apulien zu erzählen. Das mag ich, wenn Menschen stolz auf ihre Wurzeln sind und durch ihre Schwärmerei andere zum Träumen bringen. So reiste ich mitten in Berlin nach Polignano a Mare und Monopoli. Wo ich erst letztes Jahr ein Wochenende verlebt hatte. Ich schmeckte den landestypischen Primitivo-Rotwein und die Tarallini-Gebäckkringel auf meiner Zunge. „Ciao, ciao, bella, bleibt so fröhlich“, sagte Signore Todisco vom „Reinhard’s“ zum Abschied, „das Leben ist schön! Und es ist zu kurz zum Unglücklichsein.“ Beschwingt hielten wir auf dem Kudamm ein Taxi an. Der Fahrer begrüßte uns mit den Worten: „Zwei so fröhliche Damen fahre ich gern.“ – und heiter nahm die Fahrt des Lebens ihren Lauf. „Du kannst den Moment nicht einfrieren und irgendwann wieder aus dem Gefrierfach rausholen“, gab uns Dudu, der seit 28 Jahren in Berlin lebt, mit auf den Weg. „Man muss das Leben genießen, egal, was kommt.“ Sagte er und kam spontan mit uns auf einen Espresso ins „Adnan“. Weil er uns die Kurzstrecke geschenkt hatte, luden wir ihn auf den kleinen Wachmacher zu Beginn seiner Nachtschicht ein. Ich mag solche Augenblicke. In denen man das Leben passieren lässt. In denen man sich Zeit für die Geschichten der anderen nimmt, ihnen ein Ohr schenkt und durch ihre Erlebnisse mit einem Grinsen ins Bett fällt. Weil es bereichert, weil es glücklich macht, weil man sich einlässt, weil man seine Sinne schärft, weil man Momente lang eben nicht auf sein verdammtes iPhone geblickt hat. Später an diesem Abend sollte ich Juan aus Hamburg kennenlernen, der bald nach Buenos Aires ziehen wird. Und wieder werde ich sehnsüchtig. Nicht wegen Juan, auch wenn er wohl glaubte, er wäre ein Don Juan… Sondern wegen BA, wie diese anziehende Hauptstadt Argentiniens abgekürzt wird. Wo ich genau vor acht Jahren mit meinem guten Freund Christian fünf Wochen lang das kalte Grau Berlins gegen das warme bunte Leben in Südamerika getauscht hatte – wir lebten in einer „MTV Cribs“-Hütte in Palermo Hollywood. Klingt pornös? War es irgendwie auch: Maisonette-Wohnung mit Dachterrasse und Blick über diese pulsierende und aufregende City, in die wir uns damals so sehr verliebt haben. Ich schmeckte das Filet im „Lo de Jesus“, das so zart war, dass man es mit Löffeln in zwei Hälften teilen konnte, dazu den Alamos-Rotwein, ich sah mich tanzend im „Niceto Club“… „Ilkaaa, weiter geht’s!“, sagte meine Freundin Nina und riss mich aus meinen Nachtträumen. Weiter ging’s ins Wirtshaus, man könnte auch sagen Verwirrthaus. Die Gespräche dort begannen so: „Ich hab Gallenprobleme!“ – „Geile Probleme?“ Hm, interessant, also beides. Geil schienen im „Borchardt“ an diesem Abend so einige zu sein. Oder sagen wir lieber interessiert, um die Form zu halten.
Der Russe: „Ich bin Elvir. Wie Elvira ohne a.“
Die Norddeutsche: „Ich bin Ilka. Wie Milka ohne M.“
Der Berliner: „Ich bin Stephen ohne k.“
Die Norddeutsche: „Da ist doch gar kein k?“
Der Berliner: „Sag ich doch!“ Dieser Buchstabensalat wurde durch einen gewissen Ingo auseinandergerissen. Der werte Herr, seines Zeichens Architekt, torkelte zu uns und begrüßte mich mit den Worten: „Du bist doch Frau P., oder?“ (Pause) „Dich würde ich gern mal knutschen!“ Ach, Mönsch, DAS ist ja mal interessant! Und jetzt die Frage in diese Runde: Hat er allen Ernstes gedacht, dass ich jubelnd aufspringe und die Lippen schürze? Geil, das wollte ich schon immer mal schreiben: „die Lippen schürzen“. Statt der Schürze räumte ich die Tischdecke ab. Ich schiebe es auf meine Verlegenheit (und nicht meine angeborene Tollpatschigkeit…), dass ich mich irgendwie in diesem Schlamassel verheddere. Gottseidank fielen die Gläser nur in meinen Schoß. Wo Ingo gern seinen Kopf vergraben würde, wie er lauthals kundtat. Ich hätte ihn für sein Verhalten gern auf den Pott gesetzt, wäre ich nicht mit meinem Malheur beschäftigt gewesen. Er verließt währenddessen wie ein Seemann von links nach rechts wankend das Lokal. Wer schwankt, hat mehr vom Weg…

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