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Warum sagt keiner, wie lässig es ist, mit Achselhaaren vor der GNTM-Jury zu stehen?

Germany's Next Topmodel
Während meiner Schulzeit gab es vor der Doppelstunde Sport zwei ungeschriebene Regeln: Das Deo hieß Vanilla Kisses und die Achseln, auf die es gesprüht wurde, waren grundsätzlich frisch rasiert. Die Existenz von sichtbarer, weiblicher Körperbehaarung war für mich als Teenager der Nullerjahre ein vages Gerücht. Man wusste, dass es sie gab, aber gesehen hat man sie nie. Ganze zehn Jahre später haben es Achselhaare in die Öffentlichkeit eines deutschen Modelcastingformats geschafft: gestern Abend um 20:15 Uhr bei Germany's Next Topmodel. Kandidatin Maja ist neunzehn und zeigte, dass zu ihrem liebsten Outfit beim ersten Walk vor Jurychefin Heidi Klum Achselhaare gehören. In Zeiten, in denen Schauspielerinnen wie Girls-Mastermind Lena Dunham „Grow armpit hair“ auf die Sommer-To-Do-Liste schreiben oder ihre Kollegin Jemima Kirke mit unrasierten Achseln zum roten Designerkleid bei den CFDA Fashion Awards unterwegs ist, sollte das keine große Sache sein. Doch zwischen Brooklyn, New York und Langen in Hessen – der Wohnort von GNTM-Kandidatin Maja – können Welten liegen. Für viele Germany's Next Topmodel-Zuschauerinnen sind die beiden Städte so weit voneinander entfernt wie die Kontinente Westeros und Essos in Game Of Thrones. Während in Westeros auf dem Eisernen Thron der Ton angegeben wird, macht sich Protagonistin Khaleesi von Essos aus auf, um genau diesen zu erobern. Zuvor muss sie sich allerdings durch eine Reihe antiquierter Konventionen kämpfen. Deshalb ist die neunzehnjährige Maja auch keine Geringere als die Khaleesi der neuen Topmodel-Staffel. Die Aufgabe für ihren Walk in der Show lautet „Express Yourself“: Ein Outfit soll möglichst präzise ausdrücken, was die Persönlichkeit der Teilnehmerinnen ausmacht. Innovativ ist das nicht, sehr wohl aber, was die Kandidatinnen daraus machen. Maja trägt ihr weit ausgestelltes Kleid in Schwarz-Weiß – und eben Achselhaare. „Rasierst du die nie?“, fragt Heidi Klum sichtlich überrascht, als Maja vor der Jury steht und auf ihre Bewertung wartet. „Ich finde die schön“, erklärt Maja schlicht. „Zeig nochmal!“, fordert Klum. Maja hebt gelassen die Arme. „Und da sagt keiner irgendwas?“ Eine Frage, die alles andere als rhetorisch ist, wenn man sich vor Augen hält, dass Schauspielerinnen und Sängerinnen mit unrasierten Achseln auch 2017 noch eine Schlagzeile sind. Am Set in Kassel geht man damit deutlich gelassener um. „Nein, was sollen sie denn sagen?“, entgegnet Maja der Topmodel-Jury. Weibliche Körperbehaarung darf auf einmal sogar in einer Sendung im Rampenlicht stehen, in der ein Werbespot für einen Rasierer Jahr für Jahr als Gradmesser für den Sieg gilt. Wenn Majas Dialog mit der Jury zeigt, dass die Möglichkeiten auf einmal weit über meine Zeit in der Schulsportumkleide hinausgehen. Was meine und vor allem die Generation der Jury aus der Fassung bringt, ist für eine Neunzehnjährige im Mainstream-TV nichts Besonderes mehr. Dass Teamchef und Juror Thomas Hayo Maja vor dem finalen Walk empfiehlt, sich dann doch fix die Achseln zu rasieren, weil „clean“ besser sei? Geschenkt. Was bleibt, ist, dass es mehr tragbare Optionen gibt als Vanilla Kisses-Deo auf rasierten Achseln – und diese nicht nur bei Instagram und auf roten Teppichen gezeigt werden, sondern hierzulande zur besten Sendezeit. Khaleesi wird Westeros schließlich auch nicht an einem Tag erobern.

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