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Warum Uni Zeitverschwendung ist & ich als Studienabbrecherin glücklicher werde

Der Hörsaal ist voll, der Lernstoff trocken. Es ist momentan sehr schwer für mich, etwas Positives an meinem Studium zu finden. Dabei weiß ich, dass Bildung das wohl größte Luxusgut ist. Nicht jeder hat die Chance, sich an einer staatlichen Universität mit neuem Wissen bereichern und inspirieren zu lassen.
Ich studiere an der Humboldt-Universität zu Berlin American Studies und Deutsche Literatur. Viele meiner Kommilitonen nutzen ihr Studium dazu, herauszufinden, welchen Berufsweg sie später einschlagen wollen. Mein Problem ist aber, dass ich mich dazu nicht zähle, denn ich weiß schon lange: dem Journalismus gehört mein Herz und meine Leidenschaft. Meine Findungsphase ist abgeschlossen. Ich liebe das, was ich tue und ich tue es mit einhundert Prozent.
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Für meinen Traumberuf opfere ich deshalb viel Zeit und nutze jede Gelegenheit, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Das ist wichtig, gerade in Zeiten der „Generation Praktikum”. Von vielen Arbeitgebern wird verlangt, dass junge Menschen nicht nur theoretisch gebildet sind, sondern auch praktisch auf hohem Niveau agieren können.

Aber wie bekommt man das bitte unter einen Hut?! Ich kann mich nicht in zwei Hälften teilen - die Arbeitsbiene und das Studien-Ass. Wenn ich mich zwischen einer Vorlesung und einem tollen Jobangebot entscheiden müsste, ohne Frage, ich würde die Praxis der Theorie vorziehen

Warum? Gerade im Medienbereich muss man am Ball bleiben, Kontakte knüpfen, Erfahrungen sammeln. Wenn ich das alles nicht machen würde, sähe meine Zukunft finster aus. Das baut Druck auf. In all meinen bisherigen Vorstellungsgesprächen ging es hauptsächlich um meinen beruflichen Werdegang. Ob mich dabei jemand nach meinem Studiengang gefragt hat? NOCH NIE!
Es scheint so, als würde mein Studium niemanden interessieren. Und das Schlimme ist, ich weiß nicht, ob es mich selbst überhaupt noch interessiert. Weil ich den Sinn nicht mehr sehe. Weil es mir manchmal wie eine Zeitverschwendung vorkommt. Weil ich mich mit meinen Kommilitonen nicht identifizieren kann. Weil mein Studium einfach wie ein Klotz am Bein zu sein scheint, der mich auf der Karriere-Rennbahn bremst.
Chancen außerhalb des Hörsaals
Der Gedanke, einfach abzubrechen und mich voll und ganz ins Berufsleben zu stürzen, begleitet mich schon seit einem Jahr. Seitdem ich als freie Journalistin tätig bin, sehe ich so viele Chancen außerhalb des Hörsaals. Warum soll ich eine Hausarbeit über „Minnesang” schreiben, wenn ich mich den wirklich wichtigen Themen des Lebens widmen kann?
Was ist richtig und was ist falsch? Ich bin verwirrt und habe Angst, eine Entscheidung zu treffen, die ich mein Leben lang bereuen werde. Und mit diesem Zwiespalt bin ich scheinbar nicht allein, denn die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Im Wintersemester 2016/2017 waren rund 2,86 Millionen Studierende an deutschen Hochschulen immatrikuliert. Jedoch bricht laut „Statistischen Bundesamt” jeder Vierte sein Erststudium ab. Das Vorurteil, dass nur die „Faulen” versagen, trifft schon lange nicht mehr zu. Es sind auch diejenigen, die ihr Studium in Nebenjobs verdienen müssen. Es ist heutzutage einfach extrem hart, in allen Bereichen zu performen. Das Klischee vom „lässigen Studentenleben” gibt es nicht mehr!
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Der Gedanke, meiner Uni den Rücken zu kehren, fühlt sich deshalb wie eine große Erleichterung an. Kein Prüfungsstress mehr zwischen Deadlines im Job. Doch so verlockend das klingt, gibt es einen großen Faktor, der mich in meiner Entscheidung für oder gegen das Studium beeinflusst: meine Mutter. Sie macht sich Sorgen, sagt, dass ich meine Prioritäten ganz falsch setze. „Wer studiert, hat später bessere Chancen auf einen hohen Verdienst”. Das mag schon sein, aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem geisteswissenschaftlichen Studiengang meine Vorgesetzten in Extase zu bringen? Mit deutscher Literatur bin ich kein einzigartiges Genie, kein Ausnahmetalent. Mit einem 1-A-Lebenslauf inklusive vieler, toller Referenzen kann ich mich dagegen abheben.
Doch wie erkläre ich das meiner Mutter? Sie kommt aus einer anderen Generation, in der noch andere Dinge gezählt haben. Natürlich hat sie recht, wenn sie kritisch fragt, wofür ich mein Abitur gemacht, oder die letzten vier Semester studiert habe, wenn ich jetzt alles hinschmeißen will? Das ergibt keinen Sinn. Aus Studienabbrechern wird NIE etwas, um ihre Meinung überspitzt darzustellen.
Meiner Meinung nach gibt es aber nicht den EINEN richtigen Weg. So individuell jeder Mensch ist, so individuell sind auch die Wege zum Erfolg. Jeder muss seine eigenen Entscheidungen treffen. Im Endeffekt lebe ich mein Leben und muss dementsprechend mit den Konsequenzen klarkommen. Dazu gehört auch Mut und Risikobereitschaft, gerade wenn man sich dem elterlichen Rat widersetzt. Aber ist es wirklich so schlimm, dass ich lieber Menschen und deren Kultur im realen, praktischen Leben „studieren” will, anstatt mir das Wissen über Bücher anzueignen?
Vielleicht bin ich dann “gescheitert cum laude”, aber ich stehe dazu.

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