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„Stealthing“ sei keine Vergewaltigung, sagt ein Schweizer Gericht

Foto: Kate Anglestein.
Vor zwei Jahren war vermehrt von einem zweifelhaften Trend namens „Stealthing“ zu lesen – also dem heimlichen Abstreifen des Kondoms während des Geschlechtsaktes. In Internetforen diskutierten Männer darüber, wie man diesen Akt am besten durchführen kann, ohne dass die Sexualpartnerin oder der Sexualpartner davon Kenntnis nimmt. Ihr Verhalten rechtfertigen sie immer wieder mit dem Argument, dass „es ihr gutes Recht sei, ihren Samen beliebig oft zu verteilen“.
Bisher gilt das heimliche Abziehen des Kondoms beim Geschlechtsakt allerdings (noch) nicht als Straftatbestand. Die Juristin Alexandra Brodsky forderte deshalb in 2017 „Stealthing“ gesetzlich als Straftat zu definieren, damit es juristisch verfolgt werden könne.
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In der Schweiz wurde nun erstmalig in 2017 ein juristisches Urteil gesprochen, das sich mit der Thematik „Stealthing“ beschäftigt – und deshalb wegweisend sein könnte. Im Januar des selben Jahres verurteilte ein Gericht einen Mann zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung, weil er beim Sex mit einer Frau heimlich das Kondom entfernte. Sie zeigte ihn an.
Die beiden lernten sich kurz zuvor über die Dating-App Tinder kennen. Beim zweiten Treffen kam es zunächst zu einvernehmlichen Sex zwischen den beiden. Als er jedoch ungeschützt weiter machen wollte, lehnte sie dies ausdrücklich ab. Im weiteren Verlauf stellte sich dann heraus, dass er das Kondom gegen ihren willen heimlich abgezogen hatte. Aus Angst vor einer Schwangerschaft und einer möglichen HIV-Ansteckung, unterzog sich die Frau einer präventiven Therapie, die mit schweren Nebenwirkungen verbunden war. Er hingegen weigerte sich, einen Aidstest zu machen.
Ein Strafgericht in Lausanne nahm sich dem Präzedenzfall an und verurteilte ihn zu einer zwölfmonatigen Strafe, allerdings auf Bewährung. Auch in zweiter Instanz wurde das Urteil nun durch das Waadtländer Kantonsgericht ähnlich beurteilt. Des Weiteren entschied das Gericht, dass sich es sich bei diesem Fall nicht um eine Vergewaltigung handele, sondern lediglich um Schändung. Eine Schändung liegt in der Schweiz juristisch dann vor, wenn ein Täter sich an einer nicht widerstandsfähigen Person vergreift.
So wie in diesem Fall, wo sich der Mann gegen den Willen der Frau durchsetzte und sie dreist täuschte. Auch vor Gericht zeigt er sich wenig geständig und redete sich mit einer lapidaren Erklärung heraus: „Das Kondom sei gerissen oder irgendwie verloren gegangen“. Die verantwortlichen Richter glaubten ihm nicht. Da es aber bisher keine vergleichbaren Urteile gab, war die Beurteilung hier besonders heikel.

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