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Online-Therapien können dir helfen, nicht noch tiefer in eine Depression zu fallen

Foto: Rockie Nolan, Artwork: Ira Bolsinger
Es gibt Statistiken darüber, dass jeder fünfte Deutsche im Laufe seines Lebens mindestens einmal eine Depression hat. Aktuell leiden rund 20 Millionen Menschen an Depressionen und Angststörungen – Tendenz steigend. Betroffen sind Menschen in allen Lebenslagen, zunehmend jedoch auch jüngere. Gründe dafür und Auswirkungen können vielseitig sein und müssen individuell differenziert diagnostiziert, dann behandelt werden.
Oftmals gehen Monate ins Land bis man bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Auch wenn Depressionserkrankungen heutzutage kein Tabu mehr sein sollten, so sind Schamgefühle und die Angst vor Stigmatisierungen immer noch gegenwärtig und nachvollziehbar.
Dabei benötigen Menschen, die auf eine Krise zusteuern oder die nicht (mehr) in der Lage sind, sich selbst zu helfen, vor allem eins: schnelle und unmittelbare Hilfe. Unser Versorgungssystem schafft es jedoch nicht, den steigenden Bedarf an Therapieplätzen befriedigend zu decken. Die Konsequenz sind lange Wartelisten, auf denen die Erkrankten oft bis zu einem halben Jahr oder noch länger stehen, bevor sie die ihnen zustehende Hilfe erhalten.
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Um Versorgungslücken dieser Art zu schließen und Menschen in akuten Situationen umgehend Hilfe anzubieten, etablierten sich in den letzten Jahren immer mehr Online-Therapie-Angebote. Sie versprechen genau das, was das klassische Therapieangebot allein nicht mehr bewältigen kann: sofortige und unkomplizierte Betreuung. Denn gerade in dem Zeitraum, in der Erkrankte auf einen Therapieplatz warten, sollten sie von fachkundigem Personal begleitet werden. Das Portal Selfapy ist damit seit 2016 sehr erfolgreich. Der Zulauf war von Anfang groß, die verschiedenen Kursangebote werden immer häufiger gebucht. Doch wie muss man sich eine Therapie online vorstellen? Können solche Angebote genauso hilfreich wie die klassische Therapie-Couch sein?
Refinery29 Germany hat mit einer 23-jährigen Nutzerin eines solchen Angebots gesprochen. Sie ist Studentin und hat gerade einen Depressionskurs absolviert. Uns erzählte sie, wie sie überhaupt bemerkt hat, dass etwas mit ihr nicht stimmt, warum sie sich ausgerechnet für einen Online-Therapie-Kurs entschieden hat und weshalb sie im Anschluss dennoch eine „richtige“ Therapie beginnen will.
Aus Datenschutzgründen möchte unsere Interview-Partnerin anonym bleiben.
Wann hast du bemerkt, dass es dir nicht gut geht?
Mein Studium ist super stressig gewesen. Gerade in meinem Studiengang Chemie steht man oft tagelang im Labor. Das war von Anfang an schwer für mich. Zusätzlich hat sich noch mein Freund von mir getrennt. Ganz schön viel auf einmal.
Wie hat sich das alles konkret geäußert?
Es wurde immer schwieriger für mich, das Studium auf die Reihe zu kriegen. Und ich war einfach permanent müde. Irgendwann bin ich nicht mehr allein aus meinem Loch herausgekommen.
War dir da schon bewusst, dass du vielleicht eine Depression hast?
Anfangs nicht. Ich bin zu meiner Hausärztin gegangen, um ein großes Blutbild zu machen. Ich dachte, dass es vielleicht irgendetwas Körperliches ist, wegen der ständigen Müdigkeit. War es aber nicht.
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Wann war der Punkt erreicht, als du dich entschieden hast, dir professionelle Hilfe zu suchen?
Nachdem die Ärzte mir attestiert haben, dass körperlich alles gut ist und es trotzdem nicht besser wurde. Ich bin dann als erstes zur psychologischen Studienberatung gegangen. Das war mir allerdings ziemlich unangenehm, weil die ja in der Uni ist. Ich hatte Angst, dass mich Kommilitonen sehen, wenn ich da regelmäßig hingehe. Trotzdem war ich fest entschlossen, dass ich unbedingt eine Therapie machen will und habe dann angefangen etliche Ärzte abzutelefonieren.

Es wird immer mehr in immer kürzerer Zeit gefordert. Das macht was mit den Leuten.

Erfolglos?
Ganz oft geht in den Praxen nur ein Anrufbeantworter dran. Wenn ich mal durchkam, hieß es immer, dass alle Therapieplätze belegt sind und dass es lange Wartezeiten gäbe. Also habe ich mich auf eigene Faust weiter durchs Netz gegoogelt und bin auf die Möglichkeit der Online-Therapie gestoßen.
Was hat dir daran gefallen?
Dass ich sofort und unmittelbar was unternehmen konnte. Ich wollte nicht noch monatelang rumsitzen und darauf warten, endlich etwas zu tun. Ich hatte Angst, dass alles nur noch schlimmer wird in der Zwischenzeit. Und ich musste nicht an irgendeinen Ort gehen, wo Leute mich sehen können. Dadurch, dass das alles online stattfindet, ist es anonymer.
Ist die Hemmschwelle dadurch niedriger?
Ja, ich denke schon. Da gerade jetzt zum Ende des Semesters mit der Bachelor-Arbeit viel zu tun war, hatte ich auch Panik, dass mir eine richtige Therapie vielleicht zu viel wird. Die Online-Kurse sind mit einer Dauer von 9 Wochen hingegen absehbar und eignen sich hervorragend, wenn man erst einmal überhaupt aktiv werden will, etwas tun möchte. Trotzdem werde ich bald eine richtige Therapie beginnen.
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Dann gratuliere ich zum Therapie-Platz.
Dankeschön. Ich gehe aber davon aus, dass das ganz schön anstrengend wird.
Noch mal zurück zu den Online-Theapie-Stunden: Wie läuft so ein Kurs ab?
Im Prinzip kann man es eine wenig mit E-Learning-Kursen vergleichen, die man beispielsweise auch aus der Uni kennt. Man kann in Modulen bestimmte Übungen erlernen und viel darüber lesen, was eine Depression eigentlich ist. Ich habe gelernt, was da überhaupt mit mir passiert. Das war äußerst hilfreich, denn vorher saß ich die ganze Zeit nur rum und habe mich gefragt, warum es gerade mir so geht.
Wie oft und wann hast du den Kurs absolviert?
Eigentlich immer dann, wann ich wollte und Zeit dafür hatte. Das ist ja das Gute online. Die Kurse erlauben dir Flexibilität.
Hast du auch die Möglichkeit, mit einem Therapeuten zu sprechen, genutzt?
Ich habe einmal die Woche ein Telefongespräch mit einer Psychologin geführt. Mit ihr habe ich einerseits darüber gesprochen, wie es mir geht, aber auch über die Kursinhalte. Man kann das auch per Mail machen, aber ich finde ein Telefonat immer persönlicher.
Foto: Rockie Nolan, Artwork: Ira Bolsinger
Glaubst du, dass man so auch eine Beziehung zu einem Therapeuten aufbauen kann?
Ich denke schon, dass sich so etwas wie ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Immerhin telefoniert man wöchentlich. Manchmal kürzer, manchmal länger – immer so lange, wie es eben dauert. Das kam ganz darauf an, wieviel ich zu erzählen hatte. Meine Psychologin hat das wirklich super gemacht. Sie hat sich sehr bemüht, mich kennenzulernen und nachgefragt, wie meine Geschichte ist.
Mimik und Gestik spielen eine wichtige Rolle für die Kommunikation. Ist es nicht umso schwieriger, wenn man sich nicht vis-à-vis gegenübersitzt?
Das stimmt. Obwohl, auf der Website gibt es Bilder der Psychologen. Die habe ich vorher mal gestalked. (lacht) Das hat mir vielleicht ein bisschen geholfen. Aber generell kann ich mir schon vorstellen, dass es noch einfacher gelingt sich zu öffnen, wenn man sich direkt gegenüber sitzt. Ich hoffe, dass es so sein wird, wenn ich endlich meine Langzeit-Therapie beginne.
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Nachdem du den Kurs abgeschlossen hast: Würdest du sagen, dass er dir geholfen hat?
Mir geht es schon besser. Wenn ich den Kurs nicht wahrgenommen hätte, hätte ich wahrscheinlich gar nichts getan in der Zwischenzeit. Er hat mir vor allem dabei geholfen, mit dem Druck des Studiums ein bisschen gelassener umzugehen. Es tat mir einfach gut, mal mit einem Außenstehenden über all die Sachen zu sprechen, die mich belasten. Wenn ich meiner Mutter jede Woche erzählen müsste, wie schlecht es mir hiermit und damit geht, würde ich mich ziemlich doof fühlen. Für mich war der Kurs daher genau das Richtige.
Was konntest du für dich mitnehmen?
Mein großes Problem war, dass ich alles nur noch negativ gesehen und gedeutet habe. Wenn ich mit einer Freundin verabredet war und sie abgesagt hat, dachte ich sofort, dass sie mich nicht mehr mag oder etwas gegen mich hat. Jetzt, nach dem Kurs, denke ich zuerst, dass sie einfach nur viel zu tun hat. Ich habe zum Schluss einfach nicht mehr realistisch denken können.
Wie offen gehst du heute mit deiner Depression um?
Das habe ich auch im Kurs besprochen und thematisiert. Seitdem fällt es mir wesentlich leichter darüber zu sprechen. Meine Freunde wissen Bescheid, mit ihnen rede ich jetzt darüber. Mit Leuten, die ich nicht so gut kenne, zum Beispiel meinen Professoren, mache ich das nicht. Ich glaube, das ist auch besser so.

Ich wollte nicht noch monatelang rumsitzen und darauf warten, endlich etwas zu tun. Ich hatte Angst, dass alles nur noch schlimmer wird in der Zwischenzeit.

Wenn du dich wieder schlechter fühlst oder es Rückschläge gibt – kannst du deine Ansprechpartnerin dann wieder oder trotzdem noch kontaktieren?
Ja, das geht. Man kann auf jeden Fall immer dort anrufen und mit jemandem sprechen. Bisher habe ich das aber noch nicht gebraucht. Am Ende des Kurses habe ich ein Evaluations-Merkblatt angefertigt, auf dem steht, was mir geholfen oder besonders gut getan hat. Wenn es mir schlecht geht, mache ich etwas von dem, was ich auf diesem Blatt aufgeschrieben habe.
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Wie sieht das mit den Kosten aus?
Die Kosten habe ich komplett selbst getragen. In meinem Fall hat es insgesamt 180 Euro gekostet. Das ist meiner Meinung nach nicht viel – dafür, dass ich jede Woche mit einer Psychologin telefoniert habe.
Verglichen mit den herkömmlichen Therapie-Kosten ist das relativ günstig und auch für Studenten tragbar, oder?
Ja, auf jeden Fall. Ich konnte den Betrag sogar in Raten zahlen. Das hat mir sehr geholfen.
Selfapy ist nur eines von vielen Start-Ups in diesem Bereich. Glaubst du, dass Online-Therapie-Angebote die klassische Therapie in Zukunft ersetzen werden?
Ich glaube nicht, dass die klassische Therapie ersetzbar ist. Vielleicht kann so ein Kurs bei einer leichten Depression ausreichend sein, aber da muss sicherlich individuell differenziert werden. Ich möchte mein Problem längerfristig angehen und weiter an mir arbeiten, weil ich schlichtweg Angst davor habe, dass das sonst ständig wiederkommt.
Warum steigt die Nachfrage nach Therapien stetig an?
Ich glaube heute „darf“ man zur Therapie gehen. Ich kann meinen Freundinnen davon erzählen und es ist okay. Das war früher noch anders. Natürlich kann ich nur von mir und dem, was ich wahrnehme, sprechen, aber ich sehe, dass immer mehr Druck auf den Menschen liegt. Ich empfinde das bereits jetzt im Studium so. Es wird immer mehr in immer kürzerer Zeit gefordert. Das macht was mit den Leuten. Wir müssen wieder lernen, auf uns selber zu achten.
Das ist ein sehr schöner und schlauer Schlusssatz. Danke, dass du dir die Zeit für uns genommen hast.
Gerne. Ich bin dankbar dafür, dass es solche tollen Angebote gibt.

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