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Anglizismen aus der Hölle: Warum mich die Werbepause von GNTM fertig macht

Da lässt man einmal den Ton an in der Werbepause und dann das. In nicht mal zehn Minuten werde ich mit sensationellen Begriffen oder besser gesagt sensational Words aus Amerika und England bombardiert. Ich rede hier nicht von sexy, hot und cool, das versteht wirklich jedes Kind. Doch was ich da hörte, verlangt schon fast einen Hochschulabschluss ab – und zwar auf Englisch.
Ich verstehe zwar, was Maybelline und die anderen hippen Werber von mir wollen, doch ich finde es schade, wenn plötzlich im deutschen Fernsehen von glossy und smooth express gesprochen wird. Was hat die Unterhaltungsbranche denn gegen unsere schöne Sprache? Wieso müssen die Lippen als glossy angepriesen werden statt als glänzend? Warum wird die Zahnversicherung mit Smile Protect beworben? Von den 2,04 Millionen Menschen, die die Modelshow auf ProSieben verfolgen, versteht's sicherlich nicht jeder. Menschen, die nicht in der englischsprachigen Welt der Superlative leben, werden ausgeschlossen.
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Woher kommt der Amerika-Boom der Sprache? 1945 schwappten mit dem Ende des Krieges Begriffe und Produkte zu uns nach Deutschland. Irgendwann floss Boogie-Woogie, Glamour und Sex-Appeal ganz natürlich in den Sprachgebrauch. Heute sind zwar die Medien hauptsächlich gepflastert mit den griffigen Ausdrücken aus dem Ausland, doch selbst im kleinsten Dorf sagt man lieber Muffins zu den kleinen Küchlein und Charts zur Hitparade.

Die Sprache ist der Spiegel einer Nation. Wenn wir in diesen Spiegel schauen, so kommt uns ein großes treffliches Bild von uns selbst daraus entgegen

Friedrich Schiller
Friedrich Schiller hat es schon 1800 auf den Punkt gebracht: Unsere Sprache sind wir. Wenn unsere Gesellschaft international ist, die Globalisierung greift, dann bedienen wir uns eben auch anderer Sprachen.
Auch wenn mir die Dosis innerhalb eines GNTM-Werbeblocks zu hart ist, sind Amerikanismen und Anglizismen per se nichts schlechtes. Es ist Zeitgeist. Anatol Stefanowitsch, Professor für englische Sprachwissenschaft an der Freien Universität Berlin, will den postiven Blick auf diese Begriffe schärfen, indem er seit 2010 zur Wahl des „Anglizismus des Jahres" aufruft. Damit Lehnwörter nicht als sprachliche Mängel, sondern vielmehr als Bonus unserer Sprache gesehen werden. Gegenüber Zeit sagte der Experte: „Lehnwörter finden wir immer dort, wo es Veränderungen gibt – neue Technologien und neue gesellschaftliche Praktiken müssen benannt werden, und wenn eine wichtige Bezugskultur schon Wörter hat, werden die einfach übernommen. Durch Entlehnung sind Sprachen in der Lage, sich aktuellen Entwicklungen anzupassen und für die Sprachgemeinschaft nützlich zu bleiben. Und nur wenn eine Sprache nicht mehr nützlich ist, läuft sie Gefahr, zu verschwinden."

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