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Charlize Theron verrät, welche Frauen ihre übermenschlich starke Heldenfigur inspirierten

FOTO: Getty Images
Berlin im Spätherbst 1989, kurz vor dem Fall der Mauer: Die britische Top-Spionin Lorraine Broughton hat von der Regierung den Auftrag bekommen, im wilden Osten eine brisante Liste zu beschaffen - unter allen Umständen. In David Leitchs neuem Actionthriller „Atomic Blonde“ kämpft sich Oscar-Preisträgerin Charlize Theron als undurchsichtige Geheimagentin mit jeder Menge Sexappeal, maximaler Schlagkraft und einem gut dosierten Quäntchen trockenem englischen Humor durch die geteilte Stadt. Refinery29 Germany traf die südafrikanische Schauspielerin zum Gespräch über weibliche Leinwandstereotypen, starke Frauenvorbilder und Nenas „99 Luftballons“!
Was machte den besonderen Reizan der Rolle der britischen Geheimagentin Lorraine Broughton aus?
Das Angebot erhielt ich bereits vor etwas mehr als sieben Jahren. Ich habe ganz konkret nach einer Figur wie Lorraine gesucht: Eine Frau, die gezwungen ist, unter ganz extremen Umständen nach typisch männlichen Spielregeln zu agieren. Die Graphic-Novel war zu dieser Zeit noch nicht auf dem Markt; ich erhielt ungefähr zehn Seiten und war sofort begeistert. Schließlich fanden wir einen Autoren, mit dem wir fünf Jahre lang gemeinsam das Drehbuch entwickelten. Mich interessiert bei jedem Projekt, wie man das entsprechende Filmgenre oder die Handlung irgendwie auf den Kopf stellen und unerwartete Wendungen herauskitzeln kann. Wir wollten die Story einer Geheimagentin erzählen, die man auf diese Weise noch nie gesehen hat.
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Was war genau der Plan?
Ich liebe Agentenkrimis, doch leider sehen sie alle gleich langweilig aus und folgen einem gewissen, ständig wiederkehrenden Stereotyp: Sämtliche Spione tragen immer Trenchcoats und schleichen auffällig unauffällig von Hausecke zu Hausecke. Wir haben ein wenig mit diesem Klischee gespielt. Was wäre, wenn diese Frau gerade deshalb immer weite Mäntel trägt? Das wäre zu offensichtlich, so dass sie niemand ernsthaft für eine echte Agentin halten würde. Außerdem haben wir uns von alten Fotos der damaligen Ostberliner Punkszene inspirieren lassen. Diese Underground-Kultur war so lebendig, so facettenreich und farbenfroh; all das ist ebenfalls mit in die Ästhetik des Film eingeflossen.
Du bist nicht nur in der Hauptrolle zu sehen, sondern hast auch das Drehbuch mitentwickelt und als Co-Produzentin fungiert. Eine sehr perfektionistische Herangehensweise!
Ich habe eine Menge meiner Filme co-produziert. Das hat sich für mich als eine sehr fruchtbare Arbeitsweise etabliert. Außerdem macht es eine Menge Spaß; ich habe mich mittlerweile so daran gewöhnt, dass ich gar nicht mehr wüßte, wie es anders gehen sollte.
Der Film spielt imVorwende-Berlin, kurz vor dem Mauerfall und besitzt somit auch einen gewissen politischen Aspekt.
Das bleibt nicht aus, steht aber bei uns nicht im Vordergrund. Wir haben uns größtenteils nach der Graphic-Novel-Vorlage gerichtet. Für einen Agentenfilm ist dieser besondere Ort und diese ganz besondere Ära geradezu prädestiniert. Hier trafen sich Spione aus Ost und West, es wurden Geheimnisse ausgetauscht und Geschichte gemacht. Gerade kurz vor dem Fall der Mauer geriet vieles außer Kontrolle, gewisse Interessen kollidierten miteinander und viele Agenten waren mit einem Mal auf sich selbst gestellt. Das führte dazu, dass sich einige von ihnen einen sehr selbstzerstörerischen Lebenswandel angewöhnten.
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Der Streifen enthält unzählige, ungewöhnlich brutale Kampfszenen. Wie schwer war es, sich bei diesen körperlich extrem anstrengenden Drehs auf die exakte Fight-Choreographie zu konzentrieren?
Wahnsinnig schwer. Man muss sich einfach zwingen, andernfalls gibt es Tote oder zumindest Schwerverletzte. Das würde kein schönes Bild abgeben (lacht). Aber im Ernst: Diese Szenen haben mich sehr an meinen damaligen Tanz-Background erinnert, wo es ebenfalls wichtig war, sich exakt und penibel zu bewegen. Diesmal habe ich immer gehofft, dass mein Körper gewisse Abläufe durch das Training mit meinen Kampflehrern automatisch verinnerlicht und man diese Bewegungen unterbewußt abrufen könnte. Doch am tatsächlichen Filmset war dann regelmäßig alles anders, als während der Proben. Ständig ist man von Kameras umgeben, die sich in gerade mal ein paar Zentimetern Entfernung bewegen. Bei einer Szene bin ich aus Versehen sogar aus vollem Lauf in den Kameramann hinein gekracht. Doch durch diese extreme Nähe bekommt der Zuschauer das Gefühl, direkt am Kampf beteiligt zu sein.
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Auch in anderer Sichtweise ist der Film sehr körperlich: Es gibt verschiedene intensive Sexszenen mit Sofia Boutella in der Rolle einer französischen Spionin...
Ich wollte demonstrieren, wie schwer es für Frauen wie Lorraine ist, Menschen an sich heran zu lassen und Intimität zuzulassen. Sie lebt in einer Welt, in der jeder von Geheimnissen umgeben ist und in der es sehr gefährlich sein kann, sich angreifbar zu machen. Im Grunde genommen ist sie eine gut funktionierende Maschine, die ihren Auftrag erfüllt. Trotzdem erkennt man den inneren Kampf mit ihren Emotionen. Sie beginnt langsam, an sich und ihrem Tun zu zweifeln. Gleichzeitig ist es ihr nicht möglich, sich irgendeinem Menschen anzuvertrauen.
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Ansonsten erfährt man nichtallzu viel über die Protagonistin.
Ich mag, dass der Zuschauer so wenig von Lorraine erfährt und sie so auf eine gewisse Art ein wandelndes Geheimnis bleibt. Man weiß absolut nichts über sie. Sie hat keine Vergangenheit. Üblicherweise stattet man weibliche Rollen heute in Filmen mit einer Vorgeschichte aus, um Gefühle zu erzeugen. Wir haben das alles ganz bewußt weggelassen. Regisseure neigen oft dazu, Frauen in Extremsituationen überzuerklären. Es wird auf Biegen und Brechen versucht zu rechtfertigen, was sie tun und warum sie es tun. Wenn Frauen sich wie Männer benehmen, dann scheinbar nur, weil sie Rache nehmen wollen, verzweifelt sind oder irgendeiner fixen Idee hinterher jagen. Außerdem wird das Publikum alle zwei Minuten wieder daran erinnert, dass man gerade eine Frau vor sich hat. Unsere Heldin muss sich nicht rechtfertigen. Sie ist einfach da. Punkt.
Lorraine Broughton ist eine fast übermenschlich starke Frauenfigur. Welche weiblichen Vorbilder haben dich als Heranwachsende beeinflusst?
Ich habe das große Glück, schon seit meiner Kindheit von wirklich großartigen Frauen umgeben zu sein. Frauen, die sich sehr um mich gekümmert haben und von denen ich mir eine Million Dinge abgeschaut habe. Sie haben mir schon früh die verschiedenen Tricks und Kniffe des Entertainmentgeschäfts beigebracht. Und was ist bedeutet, eine unabhängige Frau zu sein. Außerdem hatte ich als Mädchen eine sehr enge Beziehung zu meiner Mutter; sie hat mich ebenfalls enorm geprägt.
Mit welchen Werten bist du noch erzogen geworden?
Ich komme aus einer Familie, in der Werte wie Dankbarkeit und Bescheidenheit immer sehr wichtig waren. Mir wurde schon früh beigebracht, dass man im Leben nicht immer alles auf dem silbernen Tablett serviert bekommt und extrem diszipliniert sein muss, wenn man etwas erreichen möchte. Erfolg basiert auf harter Arbeit; erst wenn man das erkannt hat, kann man sich in meinen Augen richtig über das Erreichte freuen.
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Die Handlung spielt nicht nurim geteilten Berlin, auch auf dem Soundtrack sind neben internationalen Acts wie Marilyn Manson, George Michael oder David Bowie auch diverse Neue Deutsche Welle-Künstler wie Nena, Falco oder Peter Schilling zu finden. Eine gewagte Zusammenstellung für einen Hollywood-Blockbuster!
Ich bin ein ziemlich nostalgischer Mensch und liebe die Filmmusik! Ich bin ein Kind der 80er Jahre; dementsprechend sind die meisten Stücke voller schöner Erinnerungen an meine Jugend. Als ich neun oder zehn Jahre alt war, habe ich den ganzen Tag nichts anderes als Nenas „99 Luftballons“ gehört! Ich habe es sehr genossen, an der Auswahl der Songs beteiligt zu sein und natürlich darauf bestanden, auch zumindest einen Depeche Mode-Song mit raufzunehmen. Als ich mich mit dem Soundtrack beschäftigte, war ich fast geschockt zu erfahren, dass zum Beispiel „Under Pressure“ vom Fall der Mauer handelt.
Kannst du dich noch an den Tag des Mauerfalls erinnern? Du warst damals noch ein Kind...
Ich kann mich noch sehr lebhaft daran erinnern. Der Fall der Mauer war ein historisches Großereignis, das damals sehr kontrovers diskutiert wurde. Wobei diese Grenzöffnung nicht nur auf Berlin oder Deutschland beschränkt war, sondern ein starkes Symbol dessen war, was auch im Rest der Welt vor sich ging. Gerade in meinem Heimatland, Südafrika, in dem damals noch Apartheid herrschte. Der Fall der Mauer markierte auch an vielen anderen Orten auf der Welt das Ende von Teilung und Trennung - ob durch eine tödlich gesicherte Mauer, oder Hinweisschilder auf einer Toilettentür mit der Aufschrift „Whites Only!“ Wenn man in einem politisch unruhigen Land wie Südafrika aufwächst, gehören diese Themen automatisch zum täglichen Diskussionsstoff beim Abendbrot.
Fehlt eigentlich nur noch die Antwort auf die wichtigste Frage: Ob die Leinwand-Agentin auch im Privatleben gut Geheimnisse bewahren kann. Doch das wollte Ms. Theron diesmal nicht verraten.
„Atomic Blonde“ läuft am 24. August in den deutschen Kinos an.

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