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Aus dem Township zu einer der wichtigsten Influencerinnen Südafrikas

Wer Tshepang Mollison das erste Mal sieht, ist eingenommen von ihrer Präsenz. Wenn die junge Frau den Raum betritt, bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als sie anzusehen. Die 25-Jährige ist eine echte Erscheinung: Tshepang – oder Twiggy, wie die meisten sie nennen – ist groß, schmal gebaut aber dennoch mit ordentlichen Kurven an den richtigen Stellen und kleidet sich so, das jeder gleich weiß Die macht was mit Mode. Egal wo sie auftaucht, meist kennt sie den DJ, den Barkeeper, trifft irgendjemand anderen aus ihrem großen Netzwerk, Freundinnen, Fotografen, Musiker. Das war nicht immer so.
Aufgewachsen ist Twiggy in Soweto, dem berühmt-berüchtigten Township Johannesburgs. Gemeinsam mit ihrer alleinerziehenden Mutter und der Großmutter lebte sie in einfachen Verhältnissen in Soweto – solange bis ihre Mutter genug Geld verdiente, um ein kleines Stadthaus im Vorort zu finanzieren. Irgendwann jedoch ging es zurück nach Soweto: Twiggys Großmutter wurde krank und blind und sie und ihre Mutter zogen zurück, um sie zu pflegen. Soweto spielt keine untergeordnete Rolle für Twiggy, ist nicht nur ein Ort ihrer Vergangenheit. Immer und immer wieder wurde und wird sie zurück gespült in das Township, dass ihr lange Zeit unangenehm war vor anderen.
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Ich glaube so richtig hat meine Familie bisher nicht verstanden, was ich eigentlich tue. Aber sie haben sich daran gewöhnt mich auch mal in Magazinen oder im Fernsehen zu sehen.

Twiggy, 25, Bloggerin
„Es gibt zwei weitere Orte, die meine Jugend sehr geprägt haben“, erzählt Twiggy mir in Johannesburg, wo ich sie treffe, mit einer sehr zarten femininen Stimme. Die wirkt auf mich fast ein bisschen befremdlich, so sanft und weiblich, ich hatte etwas anderes erwartet, bei dieser Powerfrau, deren Auftreten ihre Stärke, ihre Weiblichkeit und ihr Standing fast aggressiv herausschreit. „Zur Schule bin ich in Bloemfontein in der Provinz Freistaat gegangen, zur Uni dann in Kapstadt. Ich habe etliche Freunde kennengelernt, die mich sehr geprägt haben und auch heute noch wichtig sind für mich. Außerdem habe ich das erste Mal allein gelebt, gemerkt dass ich eine schreckliche Studentin bin und mich verliebt.“ Sie lacht.
Nach dem prägenden Aufenthalt in Kapstadt spülte es die modeinteressierte Twiggy wieder in ihr geliebtes und gleichzeitig verhasstes Soweto: Zurück in ihr altes Zuhause, zu Mama Mollison, die immer noch mit ihr dort lebt. Sie ist eine einfache, herzliche Frau, die freundlich lacht, als ich kurz auf ihrem Sofa Platz nehme, während Twiggy sich oben umzieht. Sie schaut eine Castingsendung für Musiker und erklärt mir, dass das die Stars von morgen seien – dabei hat sie selbst so einen kleinen Star zuhause. Denn heute zählt Twiggy zu den einflussreichsten Bloggerinnen des afrikanischen Kontinents. Sie sieht ein bisschen verloren aus in ihrem durchgestylten Outfit mit Overkneestiefeln und rotem Lippenstift, wie sie da zwischen TV und Couch in ihrem Elternhaus steht. „Ich glaube so richtig hat meine Familie bisher nicht verstanden, was ich eigentlich tue. Aber sie haben sich daran gewöhnt mich auch mal in Magazinen oder im Fernsehen zu sehen.“
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Als Tshepang klein war, wollte sie immer zur Vogue oder zur Elle. „Bis heute habe ich ehrlich gesagt noch nie bewusst einen Artikel einer Printvogue gelesen“, sagt sie und lacht ein verschmitztes Lachen. Was sie wirklich tun wollte, dass wusste die junge Südafrikanerin lange nicht so richtig. Alles fing mit einem Tumblr an und mit durchgemachten Nächten vor einem Laptop, in denen sie Blogs las und irgendwann wusste: Das ist was ich machen will. Einen Blog schreiben, Inhalte kreieren, die junge Mädchen wie mich nachts wach halten. Weil sie so interessant sind. Ihr Mode- und Lifestyleblog Sleepless in Soweto war geboren. „Als ich anfing, gab es bei uns in Südafrika nur ein oder zwei wirklich gutlaufende Blogs. Mein Ziel war es nie damit Geld zu verdienen, das ist einfach so passiert.“ Heute modelt die 25-Jährige für Levis und Ray Ban, übernimmt zeitweise Instagramaccounts von großen local brands, dreht Spots für Marken und taucht häufiger in TV-Beiträgen auf. Auch die bedeutenden Fashionmagazine sind auf Twiggy aufmerksam geworden: Ob in der Cosmopolitan oder in kleineren Independent-Magazinen – zurzeit ist Twiggy überall.
Heute ist sie stolz aus Soweto zu stammen – auch weil sie es geschafft hat und das ganz allein. „Als ich jünger war, habe ich meine Freunde in den Vororten regelmäßig besucht, nur zu uns ist niemand gekommen. Es war schlichtweg zu weit und auch zu gefährlich. Natürlich habe ich mich geschämt“, sagt sie heute. „Heute gibt es immer mehr Kids und Jugendliche aus den Vororten oder der Stadt, die versuchen sich so zu kleiden oder den Habitus derer, die wirklich aus Soweto kommen zu imitieren. Ich muss das nicht, denn ich stamme von hier.“
Twiggy ist selbstbewusst – und das sieht man ihr mit jedem Schritt an. Noch immer irritiert mich ihre zarte, zurückhaltende Stimme ein wenig und manchmal bricht sie in ein schüchternes, mädchenhaftes Kichern aus, aber wenn es um ihren Job geht, ist sie Profi. Ob sie übereinstimmt, mit der Aussage, dass sie eine der einflussreichsten Bloggerinnen Südafrikas ist, frage ich sie. Twiggy zieht die Augenbrauen nach oben. „Ja.“ Mit so einer direkten Antwort hatte ich ehrlicherweise nicht gerechnet. Doch sie kommt promt. „Ich will nicht arrogant klingen, aber wenn man es objektiv betrachtet ist es so. Ich bin sehr dankbar dafür und ich weiß, dass ich eine der ersten bin, die Blogging zum Beruf gemacht hat auf diesem Kontinent. Es ist so viel mehr als nur ein Hobby.“
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Twiggy ist Vorbild – und zwar schwarzes Vorbild. Eins, das Frauen aus ihrer Stadt brauchen, mit dem sie sich identifizieren können und zu dem es Parallelen gibt.

Ein Aspekt, der im Kontext mit ihrem Influencer-Dasein immer wieder zum Thema gemacht wird, ist ihre Hautfarbe. Und die ist generell oft Thema in Südafrika, einem Land, dass sich noch immer nicht ganz von der Apartheid erholt zu haben scheint, eins in dem Weiße noch immer herablassend über Schwarze sprechen können, ohne dass das eine Konsequenz hat – das habe ich selbst erlebt und war verständlicherweise mehr als geschockt. Twiggy ist Vorbild – und zwar schwarzes Vorbild. Eins, das Frauen aus ihrer Stadt brauchen, mit dem sie sich identifizieren können und zu dem es Parallelen gibt. „Auch ich habe Rassismus erlebt, er ist hier ja leider an der Tagesordnung“, verrät Twiggy mir offen. „In meinem ersten Job hatte ich einen grausamen Vorgesetzten, der immer wieder auf mein Geschlecht und meine Hautfarbe angespielt hat und mich damit vor jedem degradiert hat. Also bin ich gegangen.“ Zuvor war sie selten mit Rassismus in Berührung gekommen – in Soweto gab es kaum Weiße. „Ich bin einfach gegangen und das war der Startschuss für meine Karriere als Blogger. Ich weiß, nicht viele haben diese Möglichkeit in Südafrika, aber das Verlassen dieses Büros hat dafür gesorgt, dass ich mich auf das konzentriert habe, was ich will, mag und kann.“
Darüber ist nicht nur sie froh, sondern auch ihre vielen Leser, von denen einige sie als Vorbild sehen. Hat denn auch eine der erfolgreichsten Influencerinnen Südafrikas Vorbilder? Twiggy lacht ein kleines, verschämtes Lachen. „Aber klar doch. Chriselle Lim und Aimee Song sind zwei Frauen, die ich wirklich bewundere. Sie haben zwar mittlerweile ganze Teams, die sich um ihre Outfits und ihre Inhalte kümmern, dennoch wirkt alles immer sehr authentisch und echt. Und sie haben es geschafft aus diesem verrückten Job eine echte Karriere zu machen – das bewundere ich.“
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Schwarze Millenials in Südafrika – vor allem in Soweto – reisen nicht und sind es nicht gewöhnt. Das steht gar nicht zur Debatte. Dafür gibt es einfach nicht genug Geld.

Twiggy, 25, Bloggerin
Und das muss man vielleicht auch haben, gerade wenn man in Afrika Influencer ist. Denn dort ticken die Uhren in vielerlei Hinsicht noch anders und vor allem was das Finanzielle betrifft, steht die Bloggerszene gegenüber der vieler anderer Länder noch in ihren Anfängen. „Ich würde mir wünschen, Sleepless in Soweto ein bisschem mehr auf das Thema Reise auszuweiten, denn das ist für uns hier etwas ganz Besonderes – vor allem wenn man aus einem Township kommt, wie ich.“ Was für viele von uns normal ist und auch in der weltweiten Influencerszene Gang und Gäbe, nämlich dass man reist, neue Orte besucht, seinen Urlaub außerhalb des Heimatlandes verbringt, ist für Twiggy und ihre Generation alles andere als normal. „Schwarze Millenials in Südafrika – vor allem in Soweto – reisen nicht und sind es nicht gewöhnt. Das steht gar nicht zur Debatte“, erklärt Twig mir. „Dafür gibt es einfach nicht genug Geld und wenn doch mal welches gespart wird, fehlt die Einstellung dazu und die Prioritäten sind anders. Erspartes geht dann eher für Essen oder teure Kleidung drauf.“ Twiggy jedoch würde ihrer Generation gern zeigen, wie wichtig Reisen ist, auch um den eigenen Horizont zu erweitern. „Ich würde schwarzen Millenials gern zeigen, dass das auch eine Sache sein kann für die man Geld spart.“ Ihr favorisiertes Reiseziel? Marokko! „Ich würde viel tun, um einmal dorthin zu reisen.“
Zu einer Frau wie Twiggy gehört irgendwie auch ein Mann, der zu ihrem Lifestyle und dem Look passt. Den hat sie Anfang des Jahres in Sebastian Bash Jameson gefunden. Der Musikproduzent hat schon viele Jahre in ihrem Dunstkreis existiert, nahe gekommen sind die beiden sich aber erst jetzt. „Er ist immer ziemlich für sich geblieben und irgendwann hab ich einfach meinen ganzen Mut zusammen genommen und mit ihm gesprochen. Wir sind komplett unterschiedlich, ergänzen uns aber perfekt.“ Zwar arbeiten sie nicht gemeinsam, aber als Kinder der Entertainmentbranche verstehen beide den stressigen Terminplan des jeweils anderen und unterstützen sich wann immer es möglich ist. „Unsere Aufträge sind weit genug voneinander entfernt, wenn auch in der gleichen Branche. Wir haben genug Abstand, um objektiv einen Rat zu geben.“
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Eine Story ein bisschen wie aus einem Märchen ­– deutlich schöner jedoch, denn sie ist real. Twiggy inspiriert mit ihren Looks, ihrer Einstellung, ihrer Präsenz – egal ob im Real Life, auf dem Blog oder auf Instagram. Sie steht für das neue, moderne Südafrika, für eine Generation schwarzer Frauen in einem Land, das noch immer nicht von seinem Schwarz-Weiß-Denken befreit ist. Eine Generation, die einfach macht und so schafft, was sie möchte. Daumen hoch dafür! Wir sind gespannt, wie es weiter geht.
Alle Fotos von Twiggy/privat/Sleepless in Soweto

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