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Wie ich in einem Sommer-Bootcamp zur Hackerin wurde

FOTO: Iron Hack
Während andere im Sommer an ihrem Teint arbeiten, hat sich Tatjana Nebel ein anderes Ziel gesetzt: Sie möchte programmieren lernen. Und das nicht irgendwo, sondern in einem der besten Coding-Bootcamps der Welt. Wir haben sie zum Interview über ihre Hacker-Qualitäten, den IT-Dresscode und ihre Zeit als eine der wenigen Frauen im „Iron Hack“ in Barcelona getroffen. Tatjana, du bist gerade zwei Monate in einem Coding Bootcamp in Barcelona, wie kam es dazu?
Ich bin seit 1,5 Jahren Product Owner bei einer IT Firma. In dieser Funktion brauchte ich bisher zwar technisches Verständnis, aber keinerlei Programmierkenntnisse. Jetzt habe ich mein erstes richtig großes Projekt geleitet und dabei habe ich gemerkt: Irgendwie fehlt mir doch was. Aber nochmal vier Jahre studieren, wollte ich auch nicht. Und wie bist du dann auf das Iron Hack gestoßen?
Ich fand die Idee, zwei Monate so richtig durchpowern und in der Zeit alles aufzusaugen wie ein Schwamm, ziemlich verlockend. Mehr technisches Verständnis hätte ich auch in vier Jahre Uni wahrscheinlich nicht vermittelt bekommen. Also habe ich gegoogelt. Es gibt ganz viele Bootcamps in den USA, aber die sind einfach recht teuer. Und das Iron Hack in Barcelona, wo ich jetzt bin, gehört zu den Top 20 der Welt. Also habe ich mit meiner Firma gesprochen, meinen Jahresurlaub, Bildungsurlaub und ein wenig unbezahlten Urlaub zusammengelegt und jetzt bin ich hier. Andere hängen zwei Monate am Strand rum und ich gehe eben zwei Monate programmieren in Barcelona! Wie kann man sich einen Tag in einem Coding Bootcamp vorstellen?
Wir starten morgens um 9 Uhr und haben bis 13 Uhr Frontalunterricht. Da behandeln wir Themen von der Programmiersprache bis hin zu Frameworks. Von 13 bis 14 Uhr ist Mittag, dann kommt eine Pair-Programming-Challenge, wo zwei Leute zusammen an einem Projekt arbeiten. Meistens einer der etwas Erfahreneren mit einem Anfänger wie mir. Und dann hat man noch eine Aufgabe, etwas Kleines, z.B. „Baue Ebay nach“. (lacht) Dabei geht es darum, die Funktionalität von Ebay zu imitieren. Oder ein html/css nachzubauen und so das Design einer Seite zu kopieren. Das klingt nach jeder Menge Arbeit!
Oh ja! Der Workload ist enorm, ich könnte jeden Tag 24 Stunden an den Aufgaben sitzen und würde wahrscheinlich nicht fertig werden. Gibt es denn Mindestanforderungen, damit man überhaupt eine Chance hat, bei dem Pensum mitzukommen?
Ich bin sicherlich eine der wenigen, die vorher noch nie eine Zeile programmiert hatte. Man kann aus den Workshops mit etwas Erfahrung bestimmt noch mehr herausholen, weil man dann schon einmal ein Grundverständnis hat. Für mich war schon alleine das Starten eine echte Herausforderung. Ihr seid hauptsächlich Männer in dem Kurs, hast du das Gefühl, dass man an dich als Frau andere Anforderungen stellt als an die Männer?
Ich merke da tatsächlich keinen Unterschied. Allen, die vorher noch nicht programmiert haben, fallen gewisse Dinge natürlich schwerer, aber das ist bei meinen männlichen Kollegen genauso. Hier wird wirklich keinerlei Unterschied gemacht. Wie ist es für dich als Frau denn generell, in einer so Männerdominierten Branche zu arbeiten?
Ich würde ja so gerne mal was Schlechtes sagen, um auf mehr Förderung zu pochen, aber tatsächlich finde ich es richtig toll! Ich habe natürlich auch einfach ein ganz tolles Team, die sind super Unterstützung. Für die ist es sicher ein Vorteil, das ich ein sehr empathischer Mensch bin, das könnte daran liegen, dass ich eine Frau bin oder vielleicht liegt es auch einfach an mir als Mensch und an meiner Persönlichkeit. Ich werde auf jeden Fall nicht anders behandelt. Aber was mit auffällt: Mein Job ist es nun einmal Nein zu sagen und ich habe oft das Gefühl, das Frauen diese Härte nicht so mögen. Wir Frauen wurden oft nicht dazu erzogen, immer ein wenig unangenehm und hart zu sein. Man muss eben auch aushalten können, dass die anderen einen nicht den ganzen Tag toll finden. Meinst du denn, Frauen müssen überhaupt gefördert und ermutigt werden oder läuft sich das so hin?
Auf jeden Fall! Ich hätte den Job nie ergriffen, wenn mich nicht eine Freundin von mir da reingebracht hätte – Ich hätte es mir wahrscheinlich nicht zugetraut. Der Bereich wird von außen oft anders eingeschätzt als es ist. Darum habe ich z.B. auf einer Tech-Konferenz in der Schweiz vor kurzem das erste Frauen-Panel organisiert. Außerdem habe ich noch das Netzwerk „Ladies in E-Commerce“ gegründet, alle drei Monate veranstalten wir da ein gemeinsames Dinner, um uns auszutauschen. Da ist auf jeden Fall ein Bedarf und ein Need zu erkennen, in einer Branche, die sicherlich sehr Männerdominiert ist. Was meinst, du warum scharen so viele weibliche Chefs eine männliche Führungsriege um sich, statt sich mit anderen Frauen zu umgeben?
Wahrscheinlich, weil sie die Männer besser kontrollieren können... (lacht)
Nein, ich sehe bei uns in der Firma sogar eher, dass Frauen gerne Frauen zu sich holen. Ich wurde von einer Frau rekrutiert und auch die anderen Product Owner holen sich gerne weibliche Power ins Boot. Du hast vorher in der Mode gearbeitet, jetzt in der IT Branche, hast du dich äußerlich verändert oder angepasst?
Ich merke tatsächlich, dass ich viel weniger weiblich bin, weil ich einfach viel mit Männern zusammenarbeite und nicht die falschen Signale senden möchte.
Ich habe meistens Jeans/T-Shirt an, wenig Make-Up, Haare zurück. Ich könnte es sicherlich auch anders handhaben, ich möchte aber nicht, dass es anders rüberkommt. Und so habe ich schon manchmal das Gefühl, dass ich weniger weiblich im Job bin. Bei der Arbeit schaue ich also auf jeden Fall, das ich mich dezent kleide, hier in Barcelona habe ich aber keine Geschäftspartner, hier mache ich kein Business, hier geht es nicht um Geld. Also bin ich auch in Kleidchen und kurzen Shorts unterwegs und kleide mich gerne feminin. Dafür ist aber auch einfach zu tolles Wetter und man muss mir ja auch nicht auf 300 Meter Entfernung ansehen: Oh, das ist eine Frau, die coded. (lacht)

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