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Facebook Safety Check: Beruhigung oder Panikmache?

In Berlin herrscht Schockstarre und tiefes Entsetzen, nachdem gestern ein Lastwagen auf dem beliebten Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in eine Menschenmasse gerast ist und dabei zwölf Menschen in den Tod gerissen hat. Die ganze Welt nimmt nun Anteil und versucht, den Schmerz in Worte zu fassen. Vor allem in den sozialen Medien schickten viele Menschen ihre Solidaritätsbekundungen an alle Betroffenen. Schon nach wenigen Minuten etablierten sich auf Twitter und Facebook Hashtags wie #Breitscheidplatz, #jesuisberlin, #prayforberlin, oder #ichbineinberliner. Doch neben Trauer gab es auch Wut im Netz. Wut gegen den Facebook “Safety Check”. Die Berliner Polizei teilte am Montagabend auf Twitter mit: „Facebook hat #SafetyCheck geschaltet – nutzen Sie ihn, um zu erfahren, ob Ihre Lieben sicher sind.“ Allerdings änderte das soziale Netzwerk im Laufe des gestrigen Abends mehrfach die Bezeichnung des Vorfalls. Zu Beginn stand der Safety Check unter dem Titel “Anschlag in Berlin”. Nachdem immer mehr Kritik über die verfrühte Schlussfolgerung und daraus resultierende Angst öffentlich gemacht wurde, änderte Facebook den Titel in “Gewalttat in Berlin”. Dabei blieb es nicht. Die aktuelle Bezeichnung lautet “Vorfall am Weihnachtsmarkt in Berlin”. Viele Facebook-Nutzer sehen in dem Safety Check eine zusätzliche Quelle der Angst-Verbreitung. Manche gehen einen Schritt weiter und unterstellen dem Feature ein Schüren von Hass. Ein User äußerte sich über die Sinnlosigkeit der Sicherheitsfunktion: “Unsinn. Angehörige sollen selber ihre Verwandten anrufen”. Ein Anderer kommentierte: “Nur diejenigen sollten den Safety Check nutzen, die auch WIRKLICH auf dem Weihnachtsmarkt waren!” Ein Nutzer machte seinem Frust ebenfalls auf Facebook Luft: “Sorry, ich lasse mich nicht terrorisieren: Weder von Fanatikern, Kriminellen noch von Medien oder sozialen Medien. Ja, jedes gewalttätig und unschuldig zerstörte Menschenleben ist eins zu viel - ob in #Aleppo, #Ankara, #Berlin oder #Zürich. Ja, ich weigere mich entschieden Teil dieses Gewalt-Marketing-Boosters "Facebook Safety Check" zu sein und die Hysterie um die tragischen Ereignisse noch zu fördern. In diesem Sinne: Friedliche Feiertage!” Doch es gab auch positive Reaktionen auf den Safety Check in Berlin. Einige sprachen Facebook ihren Dank aus und forderten ihre Freunde dazu auf, sich als “sicher” zu markieren: “Ich sage danke an Facebook. Super Sache dieser Safety Check. #dankefacebook #safetycheck #Anschlagberlin #zeigdasdusicherbist” Die Funktion “Safety Check” gibt es übrigens seit Oktober 2014 - anfangs wurde sie jedoch nur bei Naturkatastrophen wie dem Erdbeben in Nepal Anfang 2015 genutzt. Die Grundidee der Sicherheitsabfrage kam dem Facebook-Gründer Mark Zuckerberg jedoch schon 2011, nach den verheerenden Folgen des Tsunami in Fukushima, Japan. Wie funktioniert der “Safety Check”? Wer sich in der Nähe des Geschehens befindet, wird nach dem Facebook-Login dazu aufgefordert, sich als “in Sicherheit” zu markieren. Nach den Anschlägen von Paris am 13. November 2015 hat Facebook den “Safety Check” erstmals bei Terrorangriffen aktiviert. Dafür musste Zuckerberg damals herbe Kritik einstecken, denn die Sicherheitsabfrage kam nicht für das Attentat in Beirut am 12. November, also einen Tag zuvor, zum Einsatz. Zuckerberg äußerte sich dazu per Facebook-Post: „Wir sorgen uns gleichermaßen um alle Menschen und werden hart daran arbeiten, leidenden Menschen in so vielen Situationen wie möglich zu helfen.” Im Fall der jüngsten Ereignisse in Berlin sollte jedoch eine Frage die wichtigste und einzige bleiben: Sind meine Freunde oder meine Familie in Sicherheit? Genau darum geht es ja schließlich bei dem Sicherheitscheck. Er hilft, sich auf schnellstem Wege bei all seinen Freunden und Bekannten zu melden, damit diese sich keine Sorgen mehr machen müssen. Innerhalb weniger Sekunden sehen so alle Facebook-Nutzer, welche Freunde sich in der Gegend aufgehalten haben und “sicher” sind. Gerade in einer Phase, in der viele Fakten noch unklar sind, ist es umso beruhigender, von Freunden und Familienmitgliedern eine “hat sich als in Sicherheit markiert”-Meldung zu erhalten. Auch wenn man niemandem wünscht, diese Funktion in Anspruch nehmen zu müssen - wir sollten froh sein, dass es sie in Tagen wie diesen gibt.

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