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Wie ein schlechter Lover: Vero verführte mich, aber deshalb ist jetzt wieder Schluss

Ich gebe es zu, ich bin genauso voreilig zu Vero gerannt, wie viele Tausend andere Menschen in den letzten Tagen. Der Hype hatte auch mich infiziert, wie damals bei Pokémon Go. Du weißt schon, bevor man zu Sinnen kam und verstand, dass das Spiel eine einzige Datensammelei war.
Vor meiner Vero-Registrierung habe ich mir noch schnell das Kampagnenvideo angeschaut. „Wow, diese neue Social-Media-App ist viel besser als alles andere, was vorher war“, dachte ich noch. „Sie ist das, was Facebook und Instagram mal waren, toll! Sie ist intuitiv und der Feed aufgeräumt, sie bietet mir an, Fotos, Musik, Bücher, Links und Orte zu sharen, arbeitet ohne Algorithmus und ist somit chronologisch (wie es Facebook und Instagram mal waren, damals zu den guten alten Zeiten), sie lässt mich meine Kontakte in Cluster unterteilen und mich kontrollieren, wem ich was anzeigen möchte und zeigt mir im Gegenzug nicht einmal Werbung an – kurz, sie ist der Himmel auf dem iPhone.“ Dachte ich zumindest.
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Die Euphorie hielt nicht lange an. Schnell stellt sich heraus, dass Vero doch eher das Fyre Festival unter den Sozialen Medien ist. Es wird einem viel versprochen, eine Welt des Sharings mit Hauptaugenmerk auf dem Caring. Vero bedeutet aus dem Lateinischen übersetzt Wahrheit und das impliziert Vertrauen. Aus Marketingsicht ist das der absolute Jackpot, denn Vertrauen ist genau das, was viele Nutzer heutzutage bei Instagram & Co. vergeblich suchen. Vertrauen wollte auch das Video des Fyre Festival schaffen, in dem Bella Hadid und andere Models als Testimonials engagiert wurden, sich lässig am Traumstrand streckten und sich auf die bevorstehende Party freuten. Trotzdem ist alles schief gegangen und die Gäste kamen am Strand des Grauens an. So ähnlich verhält es sich auch auch bei Vero. Wenn man erstmal drin ist, funktioniert fast nichts ohne eine Fehlermeldung, das „Bitte warten”-Rad dreht sich munter im Kreis und wenn man dann noch tiefer unter die Haube blickt, sieht man plötzlich nur noch schwarz.

Ayman Hariri: Wenn der Gründer zum Problem wird

Hier kommt der Gründer von Vero ins Spiel. Er ist das momentan größte Problem der noch jungen App. Ayman Hariri ist ein milliardenschwerer Erbe aus dem Libanon und CEO beim Tech-Start-up. Seine Stelle vorher war jedoch eine ganz andere: Als stellvertretender Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender von Saudi Oger kennt er sich mit Negativschlagzeilen bereits bestens aus, denn die saudische Baufirma stand mehrfach im Verdacht seine Mitarbeiter nicht oder verspätet zu bezahlen und sie sogar in Lagern einzusperren. Die gute Nachricht ist, dass es Saudi Oger seit Juli 2017 nicht mehr gibt. Dafür aber Vero.
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Vero heißt Vertrauen – aber blind?

Aufgrund der großen Anmeldewelle, die die Millionengrenze knackte, gab es einige technische Schwierigkeiten, welche für Unterbrechungen und Probleme sorgten.

Vero
Wie verhält es sich bei euch jetzt mit dem Vertrauen? Geht so, oder? Dem Chef einer Firma, die ihre Mitarbeiter nicht vernünftig behandelt, eher misshandelt, mag ich meine Daten, Kreditkarteninformationen, Standorte oder Shoppinginteressen nicht unbedingt preisgeben. Soll ich weitermachen?

Diversity sucht man bei Vero vergeblich

Das Tech-Startup besteht aus 22 Männern und einer Frau. EINER! Das ergibt aufgerundet eine Frauenquote von untergalaktischen 5%. Selbst für ein Technikunternehmen ist das extrem wenig. Google schaffte es 2017 immerhin auf 31%, Apple auf 32%, Facebook liegt mittlerweile bei einer Quote von 35%. Immer noch nicht grandios aber definitiv um Längen besser als Vero.
Hast du noch Luft zum Atmen? Dann folge mir in die letzte Stufe des Vero-Dark-Webs: den Cashflow. Jede Firma muss irgendwie Geld verdienen. Facebook und Instagram tun das durch Werbeflächen und Promotions, doch Vero arbeitet ohne Algorithmus und somit auch ohne Werbung. Wie verdient Hariri also sein Geld mit der App? Bisher gar nicht, denn in den Terms & Conditions kann man nachlesen, dass die ersten eine Millionen Nutzer die App gratis verwenden dürfen. Alle Anmeldungen danach müssen ein Abo abschließen, wie bei Netflix, Spotify oder im Fitnessstudio. Was das kosten soll? Ich habe keinen blassen Schimmer, denn seit einigen Stunden liest man folgenden Text dort: „Aufgrund der großen Anmeldewelle, die die Millionengrenze knackte, gab es einige technische Schwierigkeiten, welche für Unterbrechungen und Probleme sorgten. (…) Wie versprochen haben die ersten eine Millionen Nutzer ein Leben lang kostenlosen Zugang zu Vero. Diesen Service möchten wir wegen der technischen Schwierigkeiten bis auf unbestimmte Zeit verlängern.”
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Im Leben bekommt man nichts geschenkt, das habe ich mittlerweile gelernt. Entweder man bezahlt in Daten oder man bezahlt mit Geld. Bisher kann ich den schwammigen Aussagen auf der Website nichts Konkretes entnehmen. Wann muss man zahlen, wie viel muss man zahlen?

Ich mache Schluss mit Vero

In zwischenmenschlichen Beziehungen muss man sich Vertrauen verdienen – auf sein Herz passt jeder auf, so gut es eben geht. Selbes Prinzip werde ich ab sofort auch in Bezug auf meine Daten anwenden: Zeige mir, dass du sie und mein Vertrauen verdienst, denn ich bin der Hauptgewinn, verführe mich! Vero hat mich mit seinem Kampagnenvideo abgefüllt und mich für einen Augenblick lang meine Prinzipien und meinen Wert vergessen lassen, aber jetzt bin ich wieder voll da und voll informiert. Für mich heißt das im Klartext: „Account deaktivieren, App löschen und auf Nim­mer­wie­der­se­hen, Vero!“
Noch mehr Tech-Heck-Meck findest du hier:

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