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5 Frauen berichten von ihrer Flucht vor dem Krieg in der Ukraine

Am 24. Februar schockierte der russische Präsident Wladimir Putin die Welt mit einem brutalen Einmarsch in die Ukraine. Damit hat er eine riesige Fluchtbewegung ausgelöst: Nach Angaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) sind bisher 2,3 Millionen Ukrainer:innen und ukrainische Einwohner:innen in umliegende Länder wie Polen, Deutschland, die Slowakei und Rumänien geflohen.
Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky wirft Russland vor, durch den Beschuss von Gebäuden wie Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen gezielt Zivilist:innen anzuvisieren. Es gibt auch Berichte über Vergewaltigungen von Frauen durch russische Soldaten in den eroberten Gebieten.
Aufgrund des Kriegsrechts müssen Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren in der Ukraine bleiben, um zu kämpfen. Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Großteil der Flüchtlinge um Frauen, die oft ihre Kinder im Schlepptau haben.
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Refinery29 hat mit fünf Frauen über ihre persönlichen Erfahrungen in Zusammenhang mit diesem Krieg gesprochen. Einige sind noch im Land und andere haben es geschafft, zu fliehen. Sie sprechen darüber, was sie in der letzten Woche erlebt haben und was sie der Welt über die aktuelle Situation in der Ukraine mitteilen möchten.
Krystyna Hotie, 26, YouTuberin und Krankenschwester, Kryvyi Rih
Foto: freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Krystyna Hotie.
Am 24. Februar wachte ich auf und sah ein Video mit Explosionen, das mir ein:e Freund:in geschickt hatte. Zuerst dachte ich, das Ganze sei ein Scherz, also sah ich im Internet nach. Als mir klar wurde, was passiert war, dachte ich sofort: „Ich muss das Land verlassen und zwar augenblicklich.“ Ich packte so viele Sachen wie möglich in einen Koffer – er wog am Ende 20 kg und war sehr schwer zu tragen.
Meine Mutter, bei der ich wohne, weigerte sich, mitzukommen, obwohl ich sie anflehte – sie glaubte, die Situation wäre nicht so schlimm. Ich beschloss, zu versuchen, Deutschland zu erreichen, da ich weiß, dass Flüchtlinge dort gut behandelt werden. Da der nahe gelegene Flughafen zerstört worden war, musste ich mit dem Bus fahren. Es dauerte sechs Tage, bis ich ankam. Ich reiste durch Moldawien, Ungarn, die Slowakei und Polen, schlief auf dem Boden und aß nur Brot und Kekse. Als ich Berlin erreichte, war ich nach vorne gekrümmt, weil mein Magen so wehtat. Ich wohne jetzt bei einer Familie, die Russisch spricht, und wir haben es geschafft, meine Mutter zur Ausreise zu überreden – sie ist gerade nach Polen geflohen.
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Ich las während meiner Flucht keine Nachrichten. Als ich dann erfuhr, was in der Zwischenzeit passiert war, fehlten mir die Worte. Ich habe einen Gaming-Kanal auf YouTube und habe angefangen, Videos zu machen, in denen ich erkläre, wie andere die Ukraine verlassen können. Nichtsdestotrotz hoffe ich immer noch, dass unser Land Russland irgendwann besiegen wird.
Gabriella Idonije, 18, Medizinstudentin, Zaporizhzhia, aus Abuja, Nigeria
Foto: freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Gabriella Idonije.
In den Wochen vor der Invasion war zwar von Krieg die Rede, aber uns wurde von der Botschaft und der Universität gesagt, wir sollten ruhig bleiben und dass die Situation nicht so schlimm sei, wie andere Leute sagten.
Am Morgen der Invasion wurde ich in den frühen Morgenstunden von einer Freundin geweckt, die an alle Türen unseres Studentenwohnheims klopfte. Sie sagte uns, wir sollten unsere Koffer packen und jederzeit abfahrbereit sein. Niemand verstand wirklich, was in dem Moment wirklich vor sich ging.
Später an diesem Tag machten wir eine Testübung, um zu sehen, wo sich die Bombenbunker befanden, wodurch sich die Situation realer anfühlte. Nach zwei Tagen wurden die Gefechte immer schlimmer, also beschlossen wir Student:innen zu fliehen. Der Flughafen war bombardiert worden, also probierten wir, mit dem Zug zu flüchten, aber der Bahnhof war zu voll – alle waren in Panik und es kam zu Auseinandersetzungen. Deshalb fuhr ich mit einigen Freund:innen mit einem Mietauto zur ungarischen Grenze und gingen das letzte Stück zu Fuß.
Uns gelang die Einreise nach Ungarn um etwa 2 Uhr morgens, dann ging es mit dem Bus und später mit dem Zug nach Budapest. Ich habe Berichte darüber gelesen, wie schlecht Schwarze Menschen beim Versuch, zu fliehen, behandelt worden sind, aber zum Glück war das bei mir nicht der Fall. Ich bin nach Nigeria geflogen, und obwohl es sich in gewisser Weise gut anfühlt, zu Hause zu sein, ist es unter diesen Umständen natürlich auch schwierig.
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Ich hoffe, dass ich in die Ukraine zurückkehren kann, um mein Studium zu beenden, oder in eines der Länder reisen kann, die sich bereit erklärt haben, Student:innen aufzunehmen. Ich habe die Nachrichten verfolgt und kann nur sagen, dass das alles sehr heftig ist. Es ist wirklich traurig, dass ein Land so etwas durchmachen muss.
Anastasiia Arkharova, 23, Model, Kharkiv 
Foto: freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Anastasiia Arkharova.
Meine Partnerin Tatiana (Psychologiestudentin) und ich wussten seit vielen Wochen von den Gerüchten über eine mögliche Invasion, aber wir glaubten nicht wirklich, dass es dazu kommen würde – Kriege sind unglaublich teuer und zudem haben wir alle immer noch mit COVID zu kämpfen. Aber wir wussten, dass es eine geringe Wahrscheinlichkeit gab. Deshalb machten wir uns aus, dass wir fliehen würden, falls es dazu kommen sollte.
Am 24. Februar wurde ich von meiner Freundin geweckt, die panisch hin- und herlief – sie hatte die Explosionen gehört. Dann begannen alle meine Freund:innen, mich anzurufen. Alle in der Stadt versuchten, mit Taxis zu flüchte. Mit viel Glück fanden wir ein freies Taxi und konnten mit dem Zug nach Lviv, im Westen, fahren. Während der ganzen Fahrt hörten wir Explosionen – es war schrecklich.
Meine Freundin fand die Kontaktdaten einer Organisation namens Quarteera, die LGBTQ+ Menschen aus allen russischsprachigen Ländern hilft. Wir verabredeten uns mit einem:einer ihrer Freiwilligen an der polnischen Grenze und er:sie brachte uns nach Berlin. Quarteera half uns dabei, eine Unterkunft und eine psychologische Fachkraft zu finden, um professionelle Hilfe zu erhalten.
Wir haben unser ganzes Leben hinter uns gelassen, aber wir sind zuversichtlich, dass es uns irgendwann wieder gut gehen wird. Die Eltern meiner Freundin weigern sich, zu fliehen, da sie einfach weitermachen wollen wie bisher. Deshalb macht sie sich große Sorgen, wann immer sie sie nicht erreichen kann.
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Das gesamte Zentrum unserer Stadt ist nun zerstört. Es ist so traurig und wir sind sehr wütend. Wozu Krieg führen? Wir verstehen es einfach nicht.
Natalya Kasianchuk, 28, Universitätsdozentin und Übersetzerin, Lutsk
Foto: freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Natalya Kasianchuk.
Ich wohne in Lutsk, nahe der polnischen Grenze. Mein Freund lebt in New York. Wir haben uns wegen COVID ein Jahr lang nicht gesehen. Wir hatten uns sehr auf das Jahr 2022 gefreut – wir hatten Karten für ein Coldplay-Konzert in Berlin im Juli und eine Wohnung in meiner Stadt gekauft, in die wir einziehen wollten. Am 24. Februar wurde ich aber von seinem Anruf geweckt, in dem er mir von der Invasion erzählte. Damit änderte sich mein ganzes Leben im Handumdrehen.
Die Gefechte finden nicht in der Nähe meiner Stadt statt. Deshalb konzentrieren wir uns alle darauf, denjenigen Menschen zu helfen, die auf der Flucht sind, und dem Rest des Landes so gut wie möglich unter die Arme zu greifen. Ich unterrichte Linguistik an der Universität und meine Student:innen und ich helfen bei der Übersetzung von Dokumenten von Menschen, die zum Beispiel eine medizinische Behandlung benötigen. Ich mache mir jedoch große Sorgen um Familienmitglieder, Freund:innen und Bekannte aus anderen Teilen des Landes. Ich habe eine sehr gute Freundin in Mariupol, die gestern mit ihrer Familie evakuiert werden sollte, aber jetzt ist die Lage wieder eskaliert und ich kann sie nicht erreichen.
Ich weiß wirklich noch nicht, was ich tun werde – ob ich hier bleiben oder flüchten werde. Meine Eltern sind alt und wollen den Ort, an dem sie ihr ganzes Leben verbracht haben, nicht verlassen. Ich hoffe nur, dass die westlichen Länder eingreifen und uns mehr helfen werden.
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Natalya Malysheva, 41, Innenarchitektin und Airbnb-Gastgeberin, Kyiv
Foto: freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Natalya Malysheva.
Ich komme ursprünglich von der Krim, aber ich lebe seit vielen Jahren in Kiew und besitze dort zwei Airbnb-Wohnungen. Ich war gerade in Mexiko, als die Invasion begann, und hatte eine Person in meiner Wohnung in Kiew.
Mein Mann und ich waren gerade dabei, unsere Papiere für die Heimreise zu regeln, als wir von allem erfuhren. Nachdem wir unserem Airbnb-Gast geholfen hatten, nach Polen zu fliehen, gerieten wir in Panik. Wir hatten kein Einkommen und konnten nirgendwo hin.
Plötzlich bekam ich eine E-Mail mit einer Airbnb-Buchung. Ich antwortete mit einer Nachricht, in der ich fragte, ob es sich dabei um einen Fehler handele, aber mir wurde mitgeteilt, dass der:die Sender:in auf diese Weise Geld schicken wollte, um der Ukraine zu helfen. Schon bald wurde ich mit Buchungen überflutet – mein Kalender ist für die nächsten paar Monate voll. Ich war den Tränen nahe, weil mich diese Großzügigkeit anderer Menschen so rührte.
Ich bin eine frischgebackene Mutter und möchte etwas Geld mit Frauen teilen, die unter schrecklichen Bedingungen – unterirdisch in Bunkern – entbunden haben. Ich stehe in Kontakt mit einer Ärztin, die sagt, dass es einen Mangel an Babynahrung gibt, da viele Frauen aufgrund des hohen Stresspegels keine Milch mehr produzieren. Wir haben etwa 5.000 € für sie zur Verfügung.
Wir hoffen nun, in die USA fliegen zu können, um dort bei Freund:innen unterzukommen. Als Russland 2014 die Krim annektierte, hatte ich das Gefühl, dass es niemanden interessierte. Jetzt unterstützt aber die ganze Welt die Ukraine.
Hier erfährst du, wie du Betroffenen helfen kannst. Wenn du wissen willst, wie du Schwarzen Menschen, die nach Deutschland flüchten möchten, unterstützen kannst, findest du hier mehr Information.

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