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Warum Freundschaften bei der Arbeit so wichtig sind

Eine:n Office-Bestie zu haben, wirkt sich auf deine Zufriedenheit, deine Gesundheit und deinen Erfolg aus. Und weil jobbedingte Ängste und Einsamkeit weiter verbreitet sind denn je, gab es noch nie einen besseren Zeitpunkt als jetzt, dir eine:n zuzulegen.

Wellenlinie
Ich werde unser erstes Treffen nie vergessen. Ich hatte zwei Wochen vorher meinen Job als Produktionsassistentin bei einem Musik-TV-Sender angefangen und begleitete eine hoffnungsvolle Moderationsbewerberin gerade zu ihrem Vorstellungsgespräch. Wir waren beide nervöse Jobeinsteigerinnen und teilten den Traum, es in der Musik-TV-Branche weit zu bringen. Damals wussten wir es noch nicht, aber: Aus uns würden beste Freundinnen werden, und wir würden einander daraufhin jahrelang durch die Höhe- und Tiefpunkte unserer jeweiligen Jobs begleiten. 
Wir beide gehörten zu einer Gruppe aus Frauen (und ein paar Männern), alle Anfang 20, und unsere Beziehungen gingen auch über unser Büro hinaus. Die vielen Stunden, die wir mit geflüstertem Lästern, vielsagenden Blicken und gegenseitigen Ratschlägen verbrachten – gern auch mal am Wochenende –, führten dazu, dass unsere Jobs erträglicher waren und definitiv mehr Spaß machten. Wir waren Verbündete und Vertraute, angetrieben vom selben Ehrgeiz.
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In Deutschland liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei rund 35 Stunden. (Wir arbeiteten damals eher so 50 bis 60 Stunden pro Woche.) Arbeitsfreundschaften sind wichtig, um diese Zeit auch genießen zu können – und umso produktiver zu sein. Laut Statistiken und Expert:innen sorgt eine enge Arbeitsfreundschaft nämlich für eine gesteigerte Jobleistung und ist außerdem entscheidend für ein gesundes Arbeitsumfeld. Eine globale Studie von Workplace Trends ergab, dass 60 Prozent der befragten Angestellten aus zehn Ländern der Meinung seien, sie würden durchaus länger für eine Firma arbeiten, wenn sie dort mehr Freund:innen hätten. Und zwei Drittel aller befragten Frauen gaben an, der soziale Aspekt sei ein „großer Grund“ dafür, wieso sie überhaupt arbeiten.
„Viele von uns verbringen mehr Zeit mit unserer ‚Büro-Familie‘ als mit unserer echten Familie zu Hause“, meint Dr. Joti Samra, Psychologin und Gründerin von My Workplace Health, einer Online-Ressource für mentale Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. Samra zufolge belegen einige Studien, dass Menschen, die bei der Arbeit Freund:innen haben, mit einer um 27 Prozent größeren Wahrscheinlichkeit ihren Beruf als wichtig empfinden und in diesem Job nur dann am glücklichsten sind, wenn sie dort auch Kontakte knüpfen. „Wir können bei der Arbeit viel Stress, viele Herausforderungen, sogar Traumata zu spüren bekommen. Wenn wir dort aber starke soziale Bindungen haben, überleben wir das nicht nur, sondern können dort regelrecht aufblühen“, sagt sie.

Mein Partner unterstützt mich zwar total, aber weil er eben nicht mit mir zusammenarbeitet und meinen Job nicht versteht, fällt es ihm schwer, wirklich zu begreifen, was ich so durchmache.

Tim Chan
Das geht auch Tim Chan so. Er ist Redakteur und schrieb mir nach einem langen Abend mit einem Kollegen eine E-Mail. „Es hilft, jemanden zu haben, der oder die deinen Joballtag nachvollziehen kann“, schreibt er. „Mein Partner unterstützt mich zwar total, aber weil er eben nicht mit mir zusammenarbeitet und meinen Job nicht versteht, fällt es ihm schwer, wirklich zu begreifen, was ich so durchmache. Durch eine Arbeitsfreundschaft hast du aber eine Person, mit der du Ideen austauschen kannst, bei der du dich auskotzen kannst – und vor allem: die deine Gedanken und Meinungen nachvollziehen kann.“
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Diese Art von Bindung fehlt aber vielen jungen Menschen. Gerade nach der Pandemie arbeiten viele von uns teilweise oder auch ganz von zu Hause aus; da fällt es schwer, berufliche Freundschaften zu knüpfen. Das könnte auch mit unserem generellen Jobfrust zusammenhängen: Junge Beschäftigte sind aktuell so unzufrieden wie seit Langem nicht mehr. Und je stärker sich Firmen auf digitale Kontakte anstatt auf persönliche Kommunikation verlassen, desto einsamer und distanzierter fühlen sich Angestellte, ergab auch die Studie von Workplace Trends.
Stress und Angst haben viel damit zu tun, warum es jüngeren Menschen oft an Jobfreundschaften mangelt, meint auch die Freundschaftsexpertin und Autorin Shasta Nelson. Ihr zufolge hat das aber auch mit dem Wirtschaftswandel zu tun. Ich bin einige der wenigen Millennials, die fast ein Jahrzehnt lang für dieselbe Firma arbeiten. „Wir beobachten deutlich mehr Einsamkeit im jüngeren Alter. Am Arbeitsplatz hängt das damit zusammen, dass viele Leute nicht glauben, lange im selben Job bleiben zu wollen“, erklärt Nelson. „Wenn du also häufig den Job wechselst, bist du nie lange genug da, um auch tiefere Freundschaften zu knüpfen.“ Und für Selbstständige oder Angestellte im Homeoffice erfordert es zusätzliche Mühe, sich selbst nach Chancen auf berufliche Beziehungen umzusehen.

Wir arbeiteten in derselben Agentur, und er war quasi mein Büro-Ehemann. Als wir dann aber zusammenkamen, wurde uns schnell klar, dass das komisch werden könnte. Also suchte er sich ein paar Monate später einen neuen Job.

lisa french
Tiefere Freundschaften hängen nicht nur mit der Stabilität des Jobs zusammen, sondern können auch für ein stärkeres Erfolgsgefühl sorgen. Die Food-Bloggerin und Kochbuch-Autorin Lauren Toyota (eine ehemalige Kollegin von mir) lernte ihre beste Freundin Natalie ebenfalls bei der Arbeit kennen und erzählt, sie habe dieser Bindung tatsächlich ihre Karriere zu verdanken. „Es war ein harter, emotionaler Job! Da war es schön, jemanden an meiner Seite zu haben, die mich wirklich kannte. Dadurch hatte ich einen ganz anderen Blick auf meinen Job“, sagt sie. „Sie war meine Make-up Artist, und es war quasi wie eine Therapie, jeden Tag in ihrem Stuhl zu sitzen. Ich weiß nicht, wie erfolgreich ich wohl ohne sie geworden wäre.“
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Beruflicher Erfolg und Arbeitsfreundschaften gehen Hand in Hand, unabhängig von der Hautfarbe; es ist trotzdem kein Zufall, dass Lauren und Natalie Frauen of color sind. Eine:n Ally (eine:n Verbündete:n) bei der Arbeit zu haben, wenn du dich dort ansonsten sehr „anders“ fühlst, ist unheimlich wichtig. Laut einer Studie von Women in the Workplace sind Frauen of color im beruflichen Umfeld sehr oft unterrepräsentiert, sie werden seltener befördert und bekommen weniger Support seitens ihrer Manager:innen.
In meinem letzten Job hatte ich einen Gruppenchat namens „The Minority Report“ („minority“ heißt „Minderheit“), bestehend aus mir und den drei anderen People of color in meinem Team. In diesem Chat beschwerten wir uns über Mikroaggressionen, die uns in Meetings auffielen, teilten unsere Sorgen über die Arbeitskultur der Firma und schickten uns einfach lustige Memes. Diese Nachrichten waren an Tagen, an denen ich mich als einzige schwarze Frau sehr einsam und beruflich eingeschränkt fühlte, meine Rettung – oder dann, wenn es mir gerade schwer fiel, für mich selbst einzutreten.
„Gleichgesinnte Freund:innen bei der Arbeit zu haben, hilft nicht nur dabei, gegen den Stress anzukämpfen, im beruflichen Umfeld einer Minderheit anzugehören“, meint die Therapeutin und Beziehungsexpertin Miriam Kirmayer. „Diese Freund:innen sind außerdem dafür da, uns daran zu erinnern, uns für uns selbst einzusetzen. Frauen – vor allem Frauen of color –, die sich einander stärker verbunden fühlen, fällt es oft auch leichter, für sich einzutreten.“

Mit dir befreundeten Vorgesetzten kann es schwer fallen, dir objektives Feedback zu geben, das du eigentlich brauchst, um dich beruflich weiterzuentwickeln.

miriam kirmayer
Du siehst also: Es hat viele Vorteile, berufliche Freundschaften aufzubauen. Die Expert:innen, mit denen ich darüber gesprochen habe, waren sich aber auch alle darin einig, dass es durchaus Grenzen geben sollte – und vor allem diese eine: Fang nichts mit deinen Kolleg:innen an. Für Lisa French, Brand Director bei einer Kreativagentur, bedeuteten diese Grenzen zwar, dass sie einen Arbeitsfreund verlor – aber dafür gewann sie einen Ehemann. „Wir arbeiteten in derselben Agentur, und er war quasi mein Büro-Ehemann: Wir tranken jeden Tag zusammen Kaffee und schickten uns alberne E-Mails“, erzählt sie. „Als wir dann aber zusammenkamen, wurde uns schnell klar, dass das komisch werden könnte. Also suchte er sich ein paar Monate später einen neuen Job.“
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Ein weiteres Risiko bei Freundschaften am Arbeitsplatz: Diese Freundschaften können kompliziert werden, wenn ihr auf der Karriereleiter auf unterschiedlichen Stufen steht. „Meist sehen wir Freundschaften unter Leuten, die in der Hierarchie dieselbe Position einnehmen“, meint Kirmayer. Freundschaften zwischen Angestellten und Vorgesetzten können aber sogar der Karriere schaden, warnt sie. „Dann kann es deinem:deiner Vorgesetzten schwer fallen, dir objektives Feedback zu geben, das du eigentlich brauchst, um dich beruflich weiterzuentwickeln.“
Dr. Samra zufolge wissen gute Vorgesetzte aber, wie sie die Balance zwischen „freundlich“ und „unangebracht“ zu wahren haben. „Deine Vorgesetzten sind bei der Arbeit vielleicht nicht deine BFFs. Die besten von ihnen sind aber immer noch freundlich, ohne von oben herab mit dir zu reden“, sagt sie.
Aber ob du nun mit deinen Vorgesetzten oder Gleichgestellten befreundet bist: Diese Freundschaften am Arbeitsplatz sind wichtig für ein gesundes Arbeitsumfeld, gegen Einsamkeit, und vor allem für den Karrierefortschritt von Frauen. Die Nicht-Expert:innen, mit denen ich für diesen Artikel gesprochen habe, sind alles Menschen, die ich bei meinem ersten bezahlten Job kennengelernt habe. Wir sind jetzt seit zehn Jahren befreundet, und sie alle haben mich schon durch Erfolge, Niederlagen, Höhen und Tiefen begleitet – und insbesondere dafür gesorgt, dass sich die Arbeit für mich ein bisschen weniger nach Arbeit anfühlte.
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