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Warum hat High Fashion immer noch ein Problem mit großen Brüsten?

Foto: Victor VIRGILE/Gamma-Rapho/Getty Images.
Heb die Hand, wenn auch du dich von den Trends zum Mikro-Minirock und genauso kurzen Top im letzten Jahr persönlich angegriffen gefühlt hast? Wem das steht, steht es richtig gut. Wem es weniger gut steht… muss sich wohl einfach damit abfinden, dass wir in einer Welt leben, in der die Klamotten von Tag zu Tag kleiner und kürzer zu werden scheinen.
Schon seit Jahrzehnten haben Designer:innen immer dieselben Ausreden dafür, warum sie ihre Kleidung nicht auch mal an Models mit großen Brüsten präsentieren. „Große Brüste passen nicht in Standardgrößen! Die Klamotten fallen über großen Brüsten nicht so gut!“ Kein Wunder, dass sich High Fashion und große Brüste deswegen in jeder Saison aufs Neue gegenseitig ausschließen. Obwohl kurvigere Körper inzwischen zwar in der Popkultur angekommen sind (was aber ganz eigene Probleme mit sich bringt – wie den Trend zur gefährlichen Brazilian-Butt-Lift-OP (BBL)), entwerfen in Wahrheit nicht genug Designer:innen auch Kleidung, die auch Menschen mit einer Körbchengröße von über 75B bequem passen. Und das wirkt sich auch auf die massenproduzierten Klamotten für die breite Öffentlichkeit aus.
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Ich erinnere mich noch daran, wie ich mal in einer Umkleidekabine den Tränen nah war, während ich versuchte, meine 80E-Brüste in ein Crop Top in Größe 38 zu quetschen (meine Standardgröße). Nach meinen Mühen, mich in ein Top (und wieder heraus) zu zwängen, das mir eigentlich hätte passen sollen, war ich leicht verschwitzt und dachte: Du musst echt abnehmen, damit deine Brüste schrumpfen.
Das war weder das erste, noch das letzte Mal, dass mir mein Busen beim Shoppen in die Quere kam. Und jetzt, da die frühen 2000er in der Modewelt zurück sind – inklusive superkurzer Crop Tops, hautenger T-Shirts und riskanter Ausschnitte –, habe ich immer weniger das Gefühl, mich in dieser Mode wiederzufinden.

Wie es ist, mit großen Brüsten zu shoppen

Kedean Smith, die Autorin.
„In einem Laden zu shoppen, ist für mich ein No-Go“, erzählt die Londonerin Dionne Bayayi, die Körbchengröße 85J trägt. „Dort findest du einfach nicht alle Größen, deswegen shoppe ich lieber online. Manche Shops verlangen für meine Größe sogar einen Aufpreis, weil sie außerhalb der Norm liegt“, sagt sie. 
Die Ironie dahinter: Im letzten Jahr standen die Brüste auf vielen Runways im Zentrum der Aufmerksamkeit. Von Tory Burchs Netz-Tops bis hin zu Schiaparellis Fokus auf den Nippeln: der Busen steht in der Modewelt eigentlich gerade im Rampenlicht. Zur Enttäuschung der Fans von Mode für große Brüste setzen diese Trends aber häufig auf dünne Träger, eingebaute BHs mit keinem oder wenig Stützfunktion und zarte Stoffe, die nur Menschen mit kleinen Brüsten tragen können. Ich liebe zum Beispiel die brustbetonten Ausschnitte von Christopher Esber und die Kombi aus Lingerie und maßgeschneiderten Pieces von Nensi Dojaka; es fühlt sich aber so an, als würde man große Brüste aus all diesen Trends ausgrenzen, ob nun absichtlich oder nicht.
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Als Frau mit größerem Busen merke ich immer sofort, wenn ein Kleidungsstück nicht für Menschen wie mich geschneidert wurde. Ich muss meistens mehrere Kleidergrößen nach oben abweichen, um meine Brüste reinzubekommen (was sich auch negativ auf mein Selbstwertgefühl auswirkt), und das sorgt dann meistens dafür, dass die Klamotten an anderen Stellen schlecht sitzen oder ich meine Brüste andauernd „verschieben“ muss, damit sie dort sitzen, wo sie hinsollen.
„Proof that fashion isn’t made for big biddies“ („Der Beweis, dass Mode nicht für große Brüste gemacht ist“) lautet der Titel des viralen TikTok-Videos von @vaninileon, in dem sie mehrere kurz geschnittene Trend-Styles anprobiert. Das Ergebnis: jede Menge Enttäuschung und Nippel, die kurz davor sind, rauszurutschen. Das Problem kennt nicht nur sie: Der TikTok-Hashtag #bigchestproblems hat über 238 Millionen Views, und in den Videos geht es unter anderem um die Unmöglichkeit, ein angesagtes und gleichzeitig stützendes Bikini-Top zu finden, oder darum, dass ein ultrakurzes Oberteil ohne BH mit großen Brüsten einfach keine Option ist.

Die Zukunft großer Brüste in der Mode

Wie kann es sein, dass das Schönheitsideal der kleinen Brüste die Modewelt immer noch so dominiert, wenn die Body-Positivity-Bewegung doch angeblich so erfolgreich läuft? Da curvy Models mit großen Brüsten, wie Precious Lee, Ashley Graham und Paloma Elsesser inzwischen auf zahlreichen Couture-Runways und Zeitschriftencovers zu sehen waren, könnte man glauben, wir hätten Fortschritte gemacht.
Aus Erschöpfung und einem Mangel an passenden Klamotten habe ich schon viel Zeit damit verbracht, auf Google nach verschiedenen Möglichkeiten zu suchen, um meine Brüste zu kaschieren, anstatt sie zu präsentieren. Spaghetti-Träger wie aus den 2000ern? Dieser It-Girl-Look funktioniert nicht so gut, wenn du darunter einen stützenden BH mit dicken Trägern brauchst.
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Als die britische Vogue 2016 den (heftig umstrittenen) „Tod des Ausschnitts“ erklärte, war der Aufschrei groß. Viele Twitter-Nutzer:innen forderten das Magazin daraufhin auf, die Körper von Frauen in Ruhe zu lassen; jemand postete, „Brüste sind immer in Mode“. Selbst mit Anfang 30 bin ich immer noch dabei, viele der negativen Assoziationen mit großen Brüsten abzulegen, die mir als Teenagerin vermittelt wurden. Ich kann mir nur vorstellen, was dieser Vogue-Artikel damals in den Köpfen junger Frauen anrichtete.
„Es macht mich nervös, dass die Fashion-Welt so viel in Erinnerungen an eine Zeit schwelgt, der wir genau die ungesunden Schönheitsstandards zu verdanken haben, von denen wir uns jetzt langsam erholen“, meint die Slow-Fashion-Designerin Leaundra Lewis, die Kleidung für Körper aller Größen nach Maß schneidert.
Lewis’ Marke WILDCHILD zelebriert mit ihren Stücken jede Körperform, indem sie sowohl auf Komfort als auch auf Style setzt. Sie ist der Meinung, dass Mode niemandem das Gefühl geben sollte, bloß aufgrund der Körbchengröße ausgegrenzt zu werden oder nicht begehrenswert zu sein. Ihr zufolge sollte es für jede Figur in der Mode einen Platz geben.
„Bestimmte Körper werden definitiv stärker sexualisiert als andere“, meint die Influencerin und Designerin Fumi Egbon, die ihre Marke Fumi The Label an einer Vielzahl verschiedener Körpertypen und Brustgrößen präsentiert. Sie findet, die Vorliebe von großen Designer:innen und High-Fashion-Labels für dünnere Models befeuere die Vorstellung, dass diese Körper „besser“ seien.
Kedean Smith mit ihrem geänderten Top.
Wieder denke ich an meinen Moment der Zweifel in der Umkleidekabine zurück – und daran, wie ich mir selbst einredete, ich sei das Problem. Am Ende kaufte ich mir das Top und ja, ich musste es in der Änderungsschneiderei an meine Brüste anpassen lassen. Obwohl ich immer das Gefühl habe, ich sei nur eins solcher Erlebnisse davon entfernt, mich zu einer Brustverkleinerung zu überreden, um besser in die Klamotten zu passen, die mir gefallen, erinnere ich mich immer wieder daran, dass es eben auch inklusive Designer:innen wie Hanifa, Savage X Fenty und Paloma Wool gibt.
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Diese Labels haben es sich nicht nur zur Mission gemacht, Größeninklusivität zu fördern, sondern ihre Designs außerdem darauf ausgerichtet, sich den verschiedenen Formen unser aller Figuren anzupassen. Ich bin froh, dass wir immer mehr dieser kleinen Schritte in die richtige Richtung sehen – und obwohl offenbar noch nicht alle High-Fashion-Labels dazu bereit sind, bin ich doch optimistisch, was die Zukunft angeht.
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