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Bringt es überhaupt was, mich alleine fürs Klima abzumühen?

Foto: Refinery29 x Getty Images.
Für Leute, die gerne noch eine Weile auf einem Planeten leben möchten, der für Menschen auch weiterhin bewohnbar ist, können die Nachrichten manchmal ganz schön schmerzhaft sein. Der Klimawandel wirkt oft wie ein unlösbares, folgenschweres, unumkehrbares Problem, gegen das jeder und jede Einzelne allein kaum etwas unternehmen kann. Und trotz all unserer Bemühungen sorgt das dafür, dass wir uns schnell frustriert und hilflos fühlen.
Die Wahrheit ist aber: Die Firmen, die mit ihrer Verwendung fossiler Brennstoffe dem Planeten den größten Schaden zufügen – und für die meisten Kohlendioxid-Emissionen der Erde verantwortlich sind –, sind oft diejenigen, die die öffentliche Debatte zu ihren Gunsten manipulieren: Sie haben den Begriff „CO2-Fußabdruck“ erfunden, um uns, den individuellen Konsument:innen, die Last der Emissionen aufzudrücken; sie reden uns ein, wir sollten doch bitte wiederverwendbare Strohhalme benutzen – als würden wir beim gelegentlichen Cocktailtrinken die Welt zerstören. Diese Firmen versuchen schon sehr lange, die Klimadebatte mit ihren Messages um- und so von sich selbst abzulenken. Um aber wirklich gegen die Klimakrise vorzugehen, brauchen wir natürlich viel drastischere Maßnahmen, auf viel größerer Ebene. Aber bedeutet das, dass wir unsere persönlichen, individuellen Mühen eigentlich getrost aufgeben können? 
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Naja… nein. Tatsächlich haben die Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit nämlich viel größere Auswirkungen, als du vielleicht denkst – auf den Planeten, auf unsere Gesellschaft, und auf uns selbst.
Lily Dempster, Gründerin der App One Small Step, die Menschen mithilfe von Kognitionswissenschaften dabei unterstützen will, den eigenen CO2-Ausstoß zu verringern, erklärt unseren großen Irrglauben. „Wir unterscheiden ganz strikt zwischen individueller und kollektiver Handlung. Dabei ist das total kontraproduktiv“, sagt sie.
Dempster ist der Meinung, dass es ein wichtiger Bestandteil des Kampfes gegen den Klimawandel ist, dass wir alle lernen, nachhaltiger zu leben. Der Klimawandel ist nämlich ein komplexes Netzwerkproblem, meint sie – ein riesiges, verworrenes Netz aus zusammenhängenden Auslösern und Auswirkungen. Um gegen dieses Problem vorzugehen, muss sich vieles ändern – und zwar auf allen Ebenen der Gesellschaft, zur selben Zeit. „In Ländern, in denen der individuelle CO2-Fußabdruck besonders hoch ist, müssen wir unser Verhalten unbedingt anpassen“, betont sie.
In der Philosophie gibt es das Konzert der sogenannten „Hirschjagd“ (oder „stag hunt“). Diese Spieltheorie geht so: Stell dir vor, die lebst in einer Gesellschaft, in der alle nur Hasen jagen. An deinem Wohnort gibt es aber auch Hirsche – und wenn ihr euch alle zusammentun würdest, um gemeinsam einen Hirsch zu jagen, ginge es euch allen besser. Wenn du aber allein in den Wald gehst, um dir einen Hirsch zu jagen, und alle anderen mit der Hasenjagd beschäftigt sind, kommst du am Ende mit leeren Händen heim.
Individuelle Aktionen gegen den Klimawandel sind quasi wie diese Hirschjagd: Wenn wir uns alle darauf einigen würden, einen Hirsch zu jagen – uns an einen Kohlenstoffhaushalt zu halten, weniger Müll zu produzieren, mit dem Rad anstatt mit dem Auto zu fahren –, gewinnen wir letztlich alle. Wenn aber niemand außer dir einen Hirsch jagt, schießen alle ihre Hasen, und du bekommst gar nichts.
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Den individuellen Kampf gegen den Klimawandel allerdings als Hirschjagd zu betrachten, in der du dich am Ende alleine und völlig umsonst abmühst, führt dich aber nur zu Wut, Frust und einem Gefühl der Hilflosigkeit. Dabei stimmt das so gar nicht. Wir haben drei Argumente für dich, wieso sich die individuelle Mühe durchaus lohnt.

Erstens: Zusammen können wir als Individuen sehr wohl was bewirken.

„Ich glaube, manchmal verwechseln die Leute einen kleinen, individuellen Unterschied mit gar keinem Unterschied. Dabei ist das nicht dasselbe“, meint Colin Klein, Professor für Philosophie an der Australian National University. „Ein großes Problem des Klimawandels ist die Tatsache, dass viele einzelne, kleine Entscheidungen und Handlungen, die an sich nicht weiter schlimm sind, zusammen doch dem Planeten schaden.“
Wohlhabendere Länder wie Deutschland, dessen Bewohner:innen einen vergleichsweise großen individuellen CO2-Fußabdruck haben, sind der perfekte Ort, um dahingehend etwas zu bewirken. Wenn One Small Step genauso viele Nutzer:innen hätte wie Fitbit, die sich vornehmen, ihre Emissionen um ein Drittel zu reduzieren, wäre das ungefähr so viel wert, als wenn 40 kohlebetriebene Kraftwerke schließen würden, meint Dempster. Dazu braucht es keine jahrzehntelange Investition in die Kernkraft, oder Milliarden von Euro – wir können hier und jetzt direkt anfangen.

Zweitens: Bestimmte Entscheidungen – egal, wie klein – können symbolisch sein.

Unsere Entscheidungen auf persönlicher Ebene zeigen Firmen und Regierungen, dass uns gewisse Probleme so wichtig sind, dass sie angegangen werden sollten. Professor Klein meint dazu: „Einige der individuelleren Handlungen können die Leute, die die Macht haben, um wirklich etwas zu verändern, davon überzeugen, dass das Ganze die Mühe wert ist.“
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Drittens: Es tut dir gut. 

Nachhaltigkeit ist Teil des Kampfes gegen die Klimakrise – kann aber auch dafür sorgen, dass du dich selbst besser fühlst und inmitten der „Eco-Anxiety“ (Öko-Angst) besser mit dem damit verbundenen Stress umgehen kannst. 
Für Dempster hat ihre eigene Mühe um Nachhaltigkeit jedenfalls wie eine Art „Gegenmittel“ für das Gefühl der Hilflosigkeit gewirkt, das sie hinsichtlich des Klimawandels empfand. „Ich finde, wenn wir uns auf das konzentrieren, was wir sehr wohl kontrollieren können, ist das der erste Schritt in die richtige Richtung“, sagt sie. „Wir haben nicht die völlige Macht über dieses Problem – aber eben doch über eine Komponente: wen und was wir wählen, wie wir uns täglich verhalten, wofür wir Geld ausgeben. Selbstliebe und Liebe für unseren Planeten gehen Hand in Hand, und die positiven psychologischen Auswirkungen von Nachhaltigkeit sind wirklich stark.“
Noch dazu sind viele nachhaltigen Gewohnheiten – zum Beispiel weniger zu kaufen, Secondhand-Shopping, das Anpflanzen eigener Obst- und Gemüsesorten, Radfahren und Gehen – günstiger als weniger nachhaltige Alternativen.
Individuelle Nachhaltigkeit ist sicher nicht die entscheidende Waffe gegen den Klimawandel, egal, was uns die Ölkonzerne einreden wollen. Sie ist aber eben auch nicht bedeutungslos – und sie gibt uns etwas, was wir direkt tun können, hier und jetzt.
Dempster meint: „Halte dir vor Augen, dass du dich nicht alleine bemühst, sondern zusammen mit ganz vielen anderen, die gemeinsam etwas verändern. Wenn du tust, was du kannst, dann vertraue darauf, dass es andere auch tun.“
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